Die ehemalige Ko-Bürgermeisterin der nordkurdischen Stadt Giyadîn (türk. Diyadin) Betül Yaşar (HDP) ist aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Ein Gericht in der Provinzhauptstadt Agirî (Ağrı) ordnete bereits am Mittwoch die Freilassung der Politikerin an. Der Prozess gegen Yaşar ist weiter anhängig. Ein neuer Verhandlungstermin steht noch nicht fest.

Betül Yaşar war am 13. Juli bei einer Wohnungsdurchsuchung festgenommen und zwei Tage später verhaftet worden. Sie wird der „Mitgliedschaft in einer bewaffneten Organisation” und „Terrorpropaganda“ beschuldigt. An ihrer Stelle sitzt bereits ein vom türkischen Innenministerium ernannter Treuhänder als Zwangsverwalter im Rathaus von Giyadîn. Dieser hatte als erste Amtshandlung eine Ausschreibung der ehemals von der Demokratischen Partei der Völker (HDP) geführten Kommune für die Umgestaltung öffentlicher Räume aufgehoben.

Die Ausschreibung der Vergabestelle zur Umgestaltung von Giyadîn hatte Straßenbauarbeiten, eine großangelegte Baumpflanzung und den Umbau bzw. die Umrüstung der Beleuchtungsanlagen als Verkehrssicherungsmaßnahme im Bereich des städtischen Friedhofs vorgesehen. Auch sollte eine neue Mauer um die Ruhestätte herum hochgezogen werden.

Ein Jahr Zwangsverwaltung in Nordkurdistan

Am 19. August 2019 wurden in den kurdischen Großstädten Amed (türk. Diyarbakır), Wan (Van) und Mêrdîn (Mardin) Zwangsverwalter ernannt und die gewählten Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der HDP abgesetzt. Diese Machtergreifung der AKP auf kommunaler Ebene stellte den Auftakt zur Ernennung von 48 Zwangsverwaltern in HDP-regierten Kommunen dar. Mindestens 17 der abgesetzten Bürgermeisterinnen und Bürgermeister befinden sich aktuell im Gefängnis, viele sind bereits zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Bei den Kommunalwalen im März 2019 hatte die HDP in 65 Städten und Gemeinden gewonnen.