BastA: Die Istanbul-Konvention ist das Mindeste!

Der Austritt der Türkei aus der Istanbul-Konvention sei der Gipfel der frauenverachtenden Politik Erdogans, erklärt Basels starke Alternative und verlangt Konsequenzen von Europa und der Schweiz gegen den Abbau von Frauen- und Menschenrechten.

Basels starke Alternative (BastA!) hat die türkische Regierung scharf für ihren Austritt aus dem internationalen Abkommen zum Schutz von Frauen kritisiert. Die Aufkündigung der Istanbul-Konvention sei der Gipfel der frauenverachtenden Politik des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan, sagten die Ko-Vorsitzenden Sina Deiss und Heidi Mück am Montag. Seit Jahren stehe nicht nur die Kriminalisierung von oppositionellen Parteien wie der HDP, sondern zunehmend auch die Verfolgung von Frauenrechtsaktivist*innen auf der politischen Agenda.

Das Übereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, auch bekannt als Istanbul-Konvention, ist ein 2011 ausgearbeiteter völkerrechtlicher Vertrag. Er schafft verbindliche Rechtsnormen gegen Gewalt an Frauen und häusliche Gewalt. Auf seiner Grundlage soll Gewalt gegen Frauen verhütet und bekämpft werden. Die Konvention trat am 1. August 2014 in Kraft und wurde bis heute von 45 Staaten unterzeichnet.

Katastrophales Zeichen für Frauen

„Der Ausstieg der Türkei aus der Konvention ist ein katastrophales Zeichen für die Frauen in der Türkei aber auch für alle Menschen in Europa, denn die rechtsnationalen Regierungen von Ländern wie Ungarn und Polen haben bereits ähnliche Äußerungen bezüglich eines Austritts aus der Konvention gemacht“, unterstreichen Deiss und Mück. Reaktionäre Kräfte auf der ganzen Welt wollten Frauen an die „drei K“ binden - Kinder, Küche und Kirche. „Dazu ist ihnen jedes noch so gewaltvolle Mittel recht“, so Heidi Mück. „Seit die AKP an der Regierung ist, hat sich die Gewaltrate an Frauen vervielfacht. Mit dem Austritt aus der Konvention bauen sie sich den rechtlichen Rahmen für ihre Gewalt an unseren Körpern. Das dürfen wir nicht zulassen“ ergänzt Sina Deiss.

Femizide in der Türkei in zehn Jahren verdreifacht

BastA! solidarisiert sich mit der protestierenden Bevölkerung und verlangt Konsequenzen von Europa, aber auch der Schweiz gegen diesen Abbau von Frauen- und Menschenrechten in einem Land, welches zur europäischen Gemeinschaft gehören will. In der Türkei haben sich Femizide nach Angaben der Plattform „Wir werden Frauenmorde stoppen“ (KCDP) in den vergangenen zehn Jahren verdreifacht. Die Organisation warnt davor, dass mit dem Austritt aus der Istanbuler Konvention das Leben von Millionen von Frauen in Gefahr ist. Denn Frauenhass und Gewaltexzesse an Frauen sind in dem von der AKP regierten Land keine Seltenheit, sondern Alltag. Allein im vergangenen Jahr registrierte KCDP 300 Femizide, seit Anfang des Jahres zählte die Plattform weitere 78 Frauenmorde. Hinzu kommen hunderte Femizide, die als Suizid getarnt werden. Die Organisation verlangt von der Regierung, die Entscheidung umgehend rückgängig zu machen und dem Abkommen wieder beizutreten. 

Internationale Proteste und Warnungen

Bereits am Wochenende hatten Frauen- und Menschenrechtsorganisationen, Vertreterinnen und Vertreter der EU, der Europarat und die US-Regierung die Türkei aufgefordert, die Entscheidung zum Austritt aus der Istanbul-Konvention rückgängig zu machen. Die Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) sagte, der Austritt zeige, „wie hohl und substanzlos die bisherigen Behauptungen und Ankündigungen von Erdoğan und seiner Regierung sind, man arbeite an der Wiederannäherung zu Europa und an einem neuen Menschenrechtsplan“. In einer gemeinsamen Erklärung mit dem Ex-Grünen-Chef Cem Özdemir hieß es, der Austritt aus der Istanbul-Konvention sei „ein weiteres Zeichen dafür, dass die universalen Menschenrechte für die türkische Regierung nichts als ein Störfaktor sind“.

Islamisten fürchten Frauenschutzabkommen

Die türkische Regierung hat den Austritt aus dem völkerrechtlichen Vertrag mit dem Argument beschlossen, dass Frauen durch türkische Gesetze geschützt würden. Mit der Entscheidung kam sie konservativen und islamistischen Kreisen entgegen, die in dem Abkommen eine Gefahr für die familiäre Einheit sehen, da es zu Ehescheidung ermutige, traditionelle Werte untergrabe und Homosexualität fördere. Das entsprechende Präsidialdekret Erdoğans wurde in der Nacht zu Samstag im Amtsblatt veröffentlicht. Den dritten Tag in Folge finden landesweit Proteste gegen den Austritt aus der Konvention statt.