Başaran: Vergewaltigung ist eine Methode der Kriegsführung

Die HDP-Abgeordnete Ayşe Acar Başaran bezeichnet die jüngsten Vergewaltigungsfälle durch türkische Militärs als Methode der speziellen Kriegsführung und die Debatte um einen Ausstieg aus der Istanbul-Konvention als nicht hinnehmbar.

Ayşe Acar Başaran, Sprecherin des Frauenrats der Demokratischen Partei der Völker (HDP), hat sich auf einer Pressekonferenz in Ankara zu dem Anstieg der Fälle von sexueller Belästigung und Vergewaltigung in Nordkurdistan geäußert. Konkret benannte sie die versuchte Vergewaltigung einer Dreizehnjährigen in Şirnex (türk. Şırnak) und die vollendete Vergewaltigung einer Siebzehnjährigen in Êlih (Batman). In beiden Fällen waren die Täter Unteroffiziere der türkischen Armee. „Es zeigt sich fast jeden Tag, dass es sich dabei um eine Methode der speziellen Kriegsführung der Regierungskoalition aus AKP und MHP handelt“, erklärte die Abgeordnete.

Dazu gehöre auch die Repression gegen politisch aktive Frauen, sagte Ayşe Acar Başaran: „Wir wissen, was damit bezweckt wird, wenn Hunde bei der Folter von Rojbin Çetin eingesetzt, siebzigjährige Frauen verhaftet und der Frauenverein Rosa kriminalisiert werden. Damit soll uns signalisiert werden, dass wir mit allen Instrumenten der Gewalt konfrontiert werden, wenn wir uns gegen Angriffe auf Frauen zur Wehr setzen.“

Zu den jüngsten Frauenmorden in der Türkei erklärte Başaran: „Bei jedem Mord an einer Frau erklären wir erneut, dass es sich dabei um ein Ergebnis der AKP-Politik handelt. Allein im Juni sind 27 Frauen ermordet worden, weitere 23 Frauen sind auf verdächtige Weise ums Leben gekommen. Seit die AKP an der Macht ist, sind über 3000 Frauen ermordet worden. Dabei handelt es sich um einen Femizid.“

Die HDP-Politikerin kritisierte auch die Polizeigewalt bei Frauenprotesten gegen patriarchale Gewalt an Frauen. Dabei zeigte sie Fotos von Aktivistinnen aus Muğla, die beim Protest gegen die Ermordung der 27-jährigen Studentin Pinar Gültekin von Polizisten misshandelt wurden.

Zuletzt sprach Ayşe Acar Başaran die Debatte um den Ausstieg aus der Istanbul-Konvention des Europarats gegen Gewalt an Frauen an. Die Übereinkunft des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen war 2011 bei einer Konferenz in Istanbul beschlossen und von der Türkei noch im selben Jahr ratifiziert worden. AKP-Politiker meinen, dass damit traditionelle Werte untergraben werden. Anfang Juli sagte der stellvertretende AKP-Chef Numan Kurtulmuş, die Unterzeichnung der Konvention sei falsch gewesen. Sie stelle traditionelle Geschlechterbilder in Frage, ermutige LGBT-Gruppen und gefährde die Familie.

Başaran erklärte, dass diese Diskussion nicht hinnehmbar sei, wenn gleichzeitig täglich Frauen ermordet und vergewaltigt werden: „Jeden Tag finden TV-Debatten zu diesem Thema statt, aber Frauen kommen dabei nicht zu Wort. Es wird so getan, als ob es sich bei der Istanbul-Konvention um einen Gnadenakt der Regierung handelt. Das stimmt nicht. Die Istanbul-Konvention ist das Ergebnis eines von Tausenden Frauen geführten Kampfes. Wir werden es nicht zulassen, dass uns diese Errungenschaft genommen wird. Für uns garantiert weder die Regierung noch die Polizei oder die Justiz, die mit ihrer Politik der Straflosigkeit gewalttätige Männer ermutigt. Unsere Garantie sind die von uns erkämpften Rechte, die wir niemals aufgeben werden.“