Anklage gegen Bürgermeisterin von Sûr erhoben

Gegen die inhaftierte Ko-Bürgermeisterin des Altstadtbezirks Sûr in Amed, Filiz Buluttekin, ist Anklage wegen Terrorvorwürfen erhoben worden. Ihr drohen bis zu 15 Jahre Freiheitsstrafe.

Gegen die Politikerin Filiz Buluttekin ist Anklage erhoben worden. Der abgesetzten Bürgermeisterin des Altstadtbezirks Sûr in Amed (Diyarbakir) drohen zwischen siebeneinhalb und fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe.

Buluttekin wurde bei den Kommunalwahlen in der Türkei am 31. März 2019 als Kandidatin der Demokratischen Partei der Völker (HDP) zur Ko-Bürgermeisterin für die Altstadt der Großmetropole Amed gewählt. Am 20. Dezember stürmten Spezialeinheiten der türkischen Polizei ihre Wohnung, hielten ihr eine Waffe an den Kopf, bedrohten das zehnjährige Kind und nahmen die Politikerin schließlich fest. Drei Tage später ordnete ein türkisches Gericht in der Provinz wegen des Vorwurfs der „Mitgliedschaft in einer bewaffneten Terrororganisation“ Untersuchungshaft an. Anschließend wurde Buluttekin auf Betreiben des Innenministeriums ihres Amtes enthoben und durch einen Statthalter der Regierung ersetzt.

Die Anklageschrift der Generalstaatsanwaltschaft Diyarbakir beschäftigt sich hauptsächlich mit politischen Aktivitäten von Buluttekin. So wird der Politikerin unter anderem ihre Teilnahme an einer Gedenkveranstaltung für Vedat Aydın zum Vorwurf gemacht. Der Provinzverbandsvorsitzende der HEP in Amed wurde 1991 von der türkischen Konterguerilla entführt und extralegal hingerichtet. Buluttekin habe für Aydın „eine Schweigeminute eingelegt und eine Ansprache in einer nicht verständlichen Sprache (gemeint ist Kurdisch, Anm. d. Red.) gehalten” – laut Auffassung der Behörde stelle dies eine Straftat dar.

Außerdem werden Buluttekin fiktive Trauerreden auf Beerdigungen, der Besitz von legalen Büchern, die Teilnahme an Wahlkampfveranstaltungen, Demonstrationen und Kundgebungen, „bei denen Parolen zugunsten Abdullah Öcalans und der PKK fielen”, die Teilnahme an einem Symposium zur kurdischen Sprache und Protesten gegen die Ernennung von Zwangsverwaltern in HDP-geführten Kommunen, Besuche bei der HDP-Abgeordneten Leyla Güven und Beiträge des offiziellen Accounts ihrer Partei beim Kurznachrichtendienst Twitter vorgeworfen. Die Anklageschrift besteht teilweise auch aus Aussagen des vermeintlichen Kronzeugen „Firar”, der behauptet, Buluttekin habe Anweisungen von „Mitgliedern der Organisation” (gemeint ist die PKK) erhalten.

Wann der Prozess gegen die Politikerin eröffnet wird, ist noch unklar.

25 Bürgermeister*innen verhaftet

Im vergangenen Jahr sind 25 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der HDP verhaftet worden. In 38 Rathäusern in Nordkurdistan sind vom türkischen Innenministerium Zwangsverwalter eingesetzt worden. Die HDP hatte die Kommunalwahlen in 65 Städten und Kommunen gewonnen.