8. März in Rojava: Bis wir alle frei sind

Im Autonomiegebiet von Nord- und Ostsyrien haben tausende Frauen kämpferisch den Weltfrauentag begangen. In nahezu jeder Stadt und jeder Gemeinde gab es Veranstaltungen – erstmals im Rahmen eines Feiertags.

Im Autonomiegebiet von Nord- und Ostsyrien haben tausende Frauen kämpferisch den Weltfrauentag begangen. In nahezu jeder Stadt und jeder Gemeinde gab es Veranstaltungen – erstmals im Rahmen eines Feiertags. Denn seit diesem Jahr gilt in Rojava: Der 8. März ist gesetzlicher Gedenk- und Feiertag für Frauenrechte. Größere Feiern fanden unter anderem in Qamişlo, Kobanê, Til Temir, Amûdê, Şehba, Dêrik und Hesekê statt. Auch im kurdischen Widerstandsviertel Şêxmeqsûd in Aleppo wurde kräftig gefeiert.

Die Feierlichkeiten verdeutlichten noch einmal, dass Rojava beziehungsweise Nord- und Ostsyrien ein Leuchtturm progressiver Politik ist: Millionen Menschen gestalten ihr Zusammenleben auf der Basis von selbstverwalteter Rätestruktur, konsequenter Gleichberechtigung in Bezug auf Herkunft, Religion und Geschlecht sowie ökologischer Nachhaltigkeit – mit einer feministischen Frauenbewegung als Rückgrat. Doch die gelebte Alternative ist durch die kriegerische Aggression des Nato-Partners Türkei und dessen dschihadistischer Söldner akut bedroht. Am 8. März galt in Nord- und Ostsyrien daher der Tenor: „Die Revolution mit all ihren Errungenschaften und Innovationen – für die Gesellschaft und insbesondere für die Frauen verteidigen. Niemand wird frei sein, bis wir alle frei sind.“

Die Orte, an denen gefeiert wurde, hatten die Frauen mit ihren traditionellen und bunten Kleidern in Kulturmosaike verwandelt. Frauen aller Bevölkerungsgruppen waren vertreten: Kurdinnen, Araberinnen, Armenierinnen, Assyrerinnen, Aramäerinnen, Tscherkessinen, Turkmeninnen. Jede Feier glich einem Frühling der Frauen.

Gemeinsamkeiten gab es auch bei der Eröffnung aller Feiern, die mit einer Botschaft der Kommandantur der Frauenverteidigungseinheiten YPJ eingeleitet wurden. Darin hieß es unter anderem: „Frauen zeigen Tag für Tag, dass sie es sind, die die Gesellschaft in Richtung Wandel und Demokratie führen. Das ist in Nord- und Ostsyrien so und auch in anderen Teilen dieser Welt. Wenn wir einen Blick auf die Analyse der Frauenkämpfe des letzten Jahrhunderts werfen, sehen wir, dass es vielerorts Widerstände gegen männliche Hegemonie, Gewalt, Unterdrückung, Entrechtung gibt. Kurdische, arabische, afghanische, afrikanische, internationalistische und andere Frauen rebellieren gegen männliche Autorität und sagen dem Patriarchat den Kampf an.“

Selbstkritisch weisen die YPJ in ihrer Botschaft zum 8. März aber auch auf eigene Mängel hin: „Damit Frauenorganisationen einen Schutzschild bilden können, muss die Beziehung zwischen ihnen weiter gestärkt werden. Denn mit der Zunahme des Frauenkampfes verstärken hegemoniale Staaten ihre Unterdrückungs- und Versklavungspraktiken. Aus diesem Grund sollten Frauen von alten Erfahrungen profitieren, um den Kampf auszuweiten und 2022 Einheit zu schaffen.“ Am Ende der Erklärung stand das Versprechen, den Widerstand fortzusetzen – „bis alle Frauen ihre legitimen Rechte erhalten“.

Impressionen vom Frauenkampftag in Rojava (Fotos: Şopdarên Rojê ya Çandê):