Bericht der Plattform „Wir werden Frauenmorde stoppen“
In der Türkei sind im Februar mindestens 16 Frauen von Männern ermordet worden. Zu diesem Ergebnis kommt ein Bericht der Plattform „Wir werden Frauenmorde stoppen“ (KCDP). Der Report des Vereins enthält Daten über alle polizeilich erfassten oder medial veröffentlichten Femizide. Die tatsächliche Zahl der im zurückliegenden Monat verübten Frauenmorde könnte jedoch deutlich höher liegen, befürchtet KCDP. Denn 21 Frauen starben unter „zweifelhaften Umständen“. Die Erfahrung zeige, dass Täter oft Szenen konstruierten, um Femizid als Selbstmord, Unfall oder natürlichen Tod aussehen zu lassen, so die Plattform.
Wie aus der detaillierten Statistik von KCDP hervorgeht, sind die Femizide im Februar ausschließlich von nahestehenden Männern und überwiegend in der Wohnung der Opfer verübt worden. Von den 16 Tätern waren vier Ehemänner und sieben Intimpartner beziehungsweise Ex-Partner. In drei Fällen wurden die Frauen von ihren eigenen Söhnen ermordet. Als Tatwaffen wurden vor allem Schusswaffen eingesetzt: neun Frauen wurden erschossen, fünf erstochen und zwei weitere erdrosselt.
Kadın Cinayetlerini Durduracağız Platformu
Die Plattform „Kadın Cinayetlerini Durduracağız“ ist eine 2010 in Istanbul gegründete Frauenrechtsorganisation, die Gewalt gegen Frauen erfasst und sich zur Aufgabe gemacht hat, öffentlich über Femizide aufzuklären und diese zu verhindern. In erster Linie setzt sich die Plattform für die Erhaltung des Lebens und für alle Frauenrechte ein. Die Gründerinnen sind Familienangehörige der ermordeten Frauen, Frauen von verschiedenen Parteien, Institutionen, Gewerkschaften, anderen Vereinen, aber auch nicht organisierte interessierte Frauen.
Fast 400 Femizide im vergangenen Jahr
2024 zählte KCDP mindestens 394 Femizide in der Türkei. 259 weitere Frauen wurden auf verdächtige Weise tot aufgefunden. In diesen Fällen war ein Femizid nicht zweifelsfrei nachzuweisen, obwohl der Zusammenhang einen solchen nahelegte. Die Plattform sieht die Hauptursache für die vielen Frauenmorde in dem Land in der frauenfeindlichen Politik der türkischen Regierung, die eine patriarchale, familienorientierte Politik forciere, die Frauen nicht schütze, sondern sie über ihre Stellung innerhalb der Familie definiere. Hinzu komme eine „Politik der Straflosigkeit“ für Täter, die zur Gewalt gegen Frauen ermutige.
Femizid oder Feminizid
Femizid oder Feminizid ist Mord beziehungsweise die gewaltsame Tötung aufgrund des gelesenen Geschlechts. Dazu zählen Morde von Lebenspartnerinnen, aber auch Unbekannten. Die Unterscheidung der Worte Femizid und Feminizid bezieht sich zum einen auf geschlechtsspezifische Ursachen der Tötung und zum anderen auf eine in der Tat deutlich werdende Systematik von Tötungen an Frauen, welche auch Komponenten staatlicher Verantwortung hervorhebt.
Die Rolle des Staates
Um die strukturellen Ursachen dieses Problems sichtbar zu machen, hat die Feministin Diana E.H. Russel den Begriff Femizid eingeführt, der die Tötung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts beschreibt. In den 1990ern wurde der Begriff von der mexikanischen Anthropologin Marcela Lagarde durch den Begriff Feminizid ersetzt – um zu betonen, dass diese Verbrechen nicht nur frauenfeindlich waren, sondern auch ungestraft blieben. Im Kontext der in Lateinamerika verbreiteten Straflosigkeit schließt „Feminizid“ die Rolle des Staates mit ein.