Gesundheit gegen Reue: Zeynab Jalalian verweigert Erpressung

Die in Iran inhaftierte Kurdin Zeynab Jalalian ist vom iranischen Geheimdienst erneut aufgefordert worden, ein vorgefasstes „Reuezeugnis" zu unterschreiben. Dafür wurde eine medizinische Behandlung und sogar eine bedingte Entlassung in Aussicht gestellt.

Kurdisches Menschenrechtsnetzwerk KHRN

Die politische Gefangene Zeynab Jalalian wird vom iranischen Regime seit Jahren unter Druck gesetzt, um ein öffentliches Reuebekenntnis zu erpressen. Wie das Menschenrechtsnetzwerk Kurdistans (KHRN) mitteilte, leidet die seit 16 Jahren inhaftierte Kurdin seit geraumer Zeit unter Schmerzen in der rechten Seite. Vor einigen Wochen wurde die 42-Jährige in der Krankenstation im Zentralgefängnis von Yazd von einem Allgemeinmediziner untersucht und ohne weitere Behandlung wieder in ihre Zelle gebracht. Ihr Antrag auf Verlegung in eine externe medizinische Einrichtung für spezielle Untersuchungen wurde laut KHRN vom Geheimdienstministerium abgelehnt.

Dem Bericht zufolge ist Zeynab Jalalian im Juni zweimal von Vernehmungsbeamten des Geheimdienstministeriums aufgefordert worden, ein vorgefasstes „Reuezeugnis" zu unterschreiben. Für die Unterzeichnung des Schreibens sei ihr eine medizinische Behandlung und sogar eine bedingte Entlassung in Aussicht gestellt worden. Sie habe ihre Unterschrift verweigert und geltend gemacht, dass sie als Gefangene ein Recht auf medizinische Versorgung habe.

Bereits im November 2023 war Zeynab Jalalian in Handschellen und mit Fußfesseln von einem Team des Geheimdienstministeriums verhört worden. Dabei wurde ihr gedroht, dass ihr alle grundlegenden Rechte von Gefangenen, einschließlich des Zugangs zu medizinischer Versorgung, vorenthalten würden, wenn sie keine Reue zeigt. Jalalian lehnte die Forderung ab und bezeichnete das Verhör mit gefesselten Händen und Füßen als eine Form der Folter.

Hintergrund: Einzige Frau in Iran mit lebenslanger Haftstrafe

Die 1982 in Makû geborene Kurdin Zeynab Jalalian wurde 2008 in Kirmaşan verhaftet und im Januar 2009 vor einem Revolutionsgericht wegen „Feindschaft zu Gott“ im Zusammenhang mit ihrer Mitgliedschaft in der „Partei für ein freies Leben in Kurdistan“ (Partiya Jiyana Azad a Kurdistanê – PJAK) zum Tode verurteilt. Zuvor hatte sie acht Monate lang in einer Einrichtung des Geheimdienstministeriums in Untersuchungshaft gesessen. In ihrem Gerichtsverfahren hatte sie keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand. Das Todesurteil gegen Zeynab Jalalian wurde im November 2011 in eine lebenslange Haftstrafe umgewandelt. Sie ist derzeit die einzige weibliche Gefangene in Iran, die mit dieser Strafe belegt ist. Aktuell sitzt sie in einem Gefängnis in Yazd – in rund 1400 Kilometern Entfernung vom Wohnort ihrer Familie.

Zeynab Jalalian durch Haftbedingungen und Folter schwerkrank

Zeynab Jalalian ist schwerkrank. 2020 war sie von Agenten des Geheimdienstministeriums binnen weniger Monate gleich vier Mal in verschiedene Gefängnisse im ganzen Land verlegt worden. Während dieser Odyssee erkrankte sie an Covid-19 und Asthma. Zudem erlitt sie während den Transporten Verletzungen durch Fesseln an den Hand- und Fußgelenken und wurde von iranischen Sicherheitskräften körperlich misshandelt. Da ihre Verletzungen unbehandelt blieben, sind Spätschäden aufgetreten. Darüber hinaus leidet sie infolge der Haftbedingungen und Misshandlungen im Gefängnis an anderweitigen schweren gesundheitlichen Problemen, unter anderem Herz-, Darm- und Nierenerkrankungen, Lähmungen, Zahn- und Kieferentzündungen. Als Folge von wiederholten Schlägen auf den Kopf ist ihr Sehvermögen stark eingeschränkt. Obwohl sie eine medizinische Behandlung außerhalb des Gefängnisses benötigt, wird sie auf Anweisung der Sicherheitsbehörden nicht in ein Krankenhaus verlegt.

Druck auf die Familie

In den letzten Jahren konnte Zeynab Jalalian aufgrund von Verlegungen zwischen verschiedenen Gefängnissen und der Entfernung zwischen Yazd und dem Wohnort ihrer Familie in Makû sowie aufgrund von Sicherheitsbeschränkungen nicht von ihren Angehörigen besucht werden. Agenten des Geheimdienstministeriums im Gefängnis von Yazd warnten sie, dass der Druck auf sie zunehmen und ihre Verlegung in ein anderes Gefängnis zur Folge haben würde, wenn Informationen über ihren Zustand von ihr und ihrer Familie an die Medien durchsickern.

Im März 2022 wurden ihre Eltern und drei Brüder in Makû festgenommen, nachdem ein Video veröffentlicht worden war, in dem ihre Mutter Gozal Hajizadeh Kontakt zu ihrer Tochter verlangte. Die Familienmitglieder wurden 24 Stunden später freigelassen, nachdem Hajizadeh in der Haft bewusstlos geworden war. Das Geheimdienstministerium warnte sie davor, Informationen zu verbreiten oder mit Menschenrechtsorganisationen oder den Medien über Jalalians Zustand zu sprechen.

Die Sicherheitskräfte forderten die Familie auch auf, sich in einem Videointerview gegen die Aktivitäten der politischen Gefangenen und der kurdischen Oppositionsparteien auszusprechen, was sie entschieden ablehnte.

Internationale Kampagnen

Amnesty International bewertet die Verweigerung der Behandlung Zeynap Jalalians als eine Praxis „gleichwertig mit Folter“ und forderte wiederholt ihre Freilassung und ein Wiederaufnahmeverfahren, das den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren entspricht. Zudem setzt sich die Organisation für die Umsetzung der Forderung der UN-Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen ein.

2016 forderte die Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen die iranische Regierung auf, Zeynab Jalalian freizulassen. Nach Auffassung der UN-Arbeitsgruppe ist der Grund für ihre Verurteilung die friedliche Ausübung ihrer Rechte und ihre Tätigkeiten für die Rechte von kurdischen Frauen.

Die Ko-Vorsitzende der Linksfraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft, Cansu Özdemir, hat eine Patenschaft übernommen und fordert ebenfalls die Freilassung von Zeynab Jalalian.