Die Ko-Vorsitzende der Linksfraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft, Cansu Özdemir, fordert die Freilassung der in Iran inhaftierten Kurdin Zeynab Jalalian. In einem Brief an den iranischen Botschafter drückt Özdemir ihre Besorgnis um das Leben der politischen Gefangenen aus und verlangt ihre schnellstmögliche Entlassung. „Ihr gesundheitlicher Zustand ist dramatisch, sie hat Beschwerden mit dem Herzen und es besteht Gefahr, dass sie ihr Augenlicht verliert. Selbst als sie sich im Gefängnis mit COVID-19 angesteckt hatte, wurde ihr medizinische Versorgung verwehrt. Die unterlassene medizinische Versorgung verurteile ich aufs Schärfste“, heißt es in dem Schreiben.
Verurteilung wegen „Feindschaft gegen Gott“
Zeynab Jalalian (auch Celaliyan geschrieben) wurde 1982 in einem Dorf bei Makû geboren und setzte sich bereits früh für Frauenrechte in Iran ein. Im Frühjahr 2008 wurde sie in Kirmaşan verhaftet und acht Monate lang in einer Einrichtung des iranischen Geheimdienstministeriums in Untersuchungshaft schwer gefoltert, bevor sie in einem unfairen Scheinprozess wegen „Feindschaft gegen Gott“ aufgrund des Vorwurfs der mutmaßlichen Mitgliedschaft in der „Partei für ein freies Leben in Kurdistan“ (Partiya Jiyana Azad a Kurdistanê, PJAK) zum Tode verurteilt wurde. Nach internationalen Protesten wurde das Todesurteil gegen Jalalian 2011 in lebenslange Haft umgewandelt. Sie ist derzeit die einzige weibliche Gefangene in Iran, die mit dieser Strafe belegt ist. Seit 2021 gibt es keinen Kontakt zu ihr.
Özdemir: Jalalian hat sich friedlich für zivilgesellschaftliche Belange eingesetzt
Jalalian hat die gegen sie erhobenen Vorwürfe immer bestritten. Sie sieht den wahren Grund für ihre Verurteilung in ihrem Engagement für Frauen- und Menschenrechte. Özdemir, die Anfang des Jahres eine politische Patenschaft für die kurdische Gefangene übernommen hatte, kann das bestätigen: „Es ist bereits mehrfach nachgewiesen worden, dass Zeynab Jalalian sich friedlich für zivilgesellschaftliche Belange eingesetzt hat. Das ist kein Verbrechen“, betont sie. In ihrem Brief an den iranischen Botschafter kritisiert die Bürgerschaftsabgeordnete auch die fehlende Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens gegen Jalalian und ein Kontaktverbot, das ihr bereits vor Jahren auferlegt worden ist. „Diese Umstände sind unmenschlich und inakzeptabel“, so Özdemir.
Cansu Özdemir ist Tochter einer kurdischen Einwandererfamilie und sitzt seit 2011 in der Hamburgischen Bürgerschaft.
Jalalian leidet unter diversen Erkrankungen
Zeynab Jalalian leidet infolge der schlechten Haftbedingungen und Misshandlungen im Gefängnis an diversen gesundheitlichen Problemen. Neben einer Herzerkrankung und ihrem eingeschränkten Sehvermögen ist sie teilweise gelähmt, kämpft mit Darm- und Nierenerkrankungen sowie gegen Zahn- und Kieferentzündungen, die ihre Fähigkeit zu essen und zu schlucken stark beeinträchtigen. Doch die dringend benötigte medizinische Akutbehandlung wird ihr bereits seit 2017 verweigert. Mit den Folgen einer Lungenentzündung, die durch eine Coronaerkrankung im April 2020 verursacht wurde, hatte sie 2021 immer noch zu kämpfen. Damals litt sie auch unter Kurzatmigkeit und Husten.
Öffentliches Reuebekenntnis Vorbedingung für fachärztliche Behandlung
Seit ihrer Verhaftung versuchen die iranischen Behörden, Zeynab Jalalian zu einem gefilmten Geständnis zu zwingen. Dieses öffentliche Reuebekenntnis mach das Regime auch zur Vorbedingung für eine fachärztliche Behandlung, was von Jalalian aber konsequent abgelehnt wird. Darüber hinaus ist sie Opfer einer massiv gegen ihre Person angewandten „Zerstreuungspolitik“ – eine Methode zur Verhinderung einer heimatnahen Strafverbüßung, die aus dem Transferieren von Gefangenen in entfernt liegende Gefängnisse besteht, um sie von ihrem sozialen Umfeld zu isolieren und gleichzeitig ihre Angehörigen durch überlange Anreisen zu bestrafen. Aus Protest gegen ihre Behandlung war Jalalian bereits mehrfach im Hungerstreik. Seit Mai 2021 haben ihre Angehörigen keinerlei Informationen mehr über ihren Zustand oder Aufenthaltsort erhalten. In ihrem letzten Brief, den sie aus einem Gefängnis im zentraliranischen Yazd – das sich in rund 1400 Kilometer Entfernung vom Wohnort ihrer Familie befindet – verschickte, schrieb die Frauenrechtlerin: „Wenn eine Frau aufwacht und frei sein will, kann nichts sie in die Knie zwingen.“
Özdemir fordert medizinischen Hafturlaub bis zur endgültigen Freilassung
Jalalian müsse dringend medizinischer Hafturlaub erteilt werden, verlangt Özdemir. „Bis zu dem Ziel ihrer Freilassung muss das Kontaktverbot aufgehoben und der Kontakt zu ihrer Familie und einem selbst ausgesuchten Anwalt ermöglicht werden“, so eine weitere Forderung der Linke-Politikerin an den iranischen Botschafter. „Ich appelliere eindringlich an Sie, sich für die schnellstmögliche Freilassung von Zeynab Jalilian einzusetzen! Außerdem teilen Sie bitte der Regierung in Iran meine Besorgnis und die hohe Dringlichkeit ihres Falls aufgrund ihres gesundheitlichen Zustands mit.“