Die in Iran inhaftierte Kurdin Zeynab Jalalian ist offenbar zum wiederholten Mal von Beamten des Geheimdienstministeriums gefoltert worden, um sie für die Bereitstellung medizinischer Versorgung zu einem Geständnis vor laufender Kamera zu zwingen. Das berichtet die kurdische Nachrichtenagentur Kurdpa unter Berufung auf eine Reihe von informierten Quellen aus dem Umfeld der politischen Gefangenen. Auch verschiedene Menschenrechtsgruppen in Ostkurdistan sind mit dem Fall betraut.
In einer Sendung des staatlichen iranischen Fernsehens sollte Jalalian ihre Verfehlungen „gestehen“ und Reue für ihre früheren politischen Aktivitäten bekunden und einer Zusammenarbeit mit den Behörden des Mullah-Regimes zustimmen. Nur dann sei das Geheimdienstministerium bereit, ihr die erforderliche medizinische Versorgung zu gewähren. Das hätten Beamte der 41-Jährigen bei einem kürzlich erfolgten Verhör nahegelegt, bei dem Jalalian Handschellen und Fußfesseln angelegt worden seien. Auch die Verlegung in ein Gefängnis, das näher am Wohnort von Jalalians Familie im ostkurdischen Makû liegt, sowie ein Ende der Repression gegen sie und ihre Angehörigen, macht das Geheimdienstministerium von ihrem „Geständnis“ abhängig.
Jalalian wies alle Forderungen zurück
Wie Kurdpa erfuhr, wies Jalalian alle Forderungen der Vernehmungsbeamten des iranischen Regimes zurück. „Ich habe nichts zu bereuen“, soll die politische Gefangene trotz psychischen Drucks und körperlicher Misshandlung gesagt haben. Gesundheit sei Menschenrecht, auf das sie auch weiterhin drängen werde. Es ist nicht das erste Mal, dass das Regime den Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung und eine Verlegung Jalalians in ein wohnortnahes Gefängnis an ein „Geständnis“ vor laufender Kamera geknüpft hat.
Einzige Frau in Iran mit lebenslanger Haftstrafe
Die 1982 in Makû geborene Zeynab Jalalian wurde im Sommer 2008 in Kirmaşan verhaftet und im Januar 2009 vor einem dortigen Revolutionsgericht wegen „Feindschaft zu Gott“ zum Tode verurteilt. Die Verurteilung steht mit Jalalians Mitgliedschaft in der „Partei für ein freies Leben in Kurdistan“ (Partiya Jiyana Azad a Kurdistanê – PJAK) in Zusammenhang. Zuvor hatte sie acht Monate lang in einer Einrichtung des Geheimdienstministeriums in Untersuchungshaft gesessen. In ihrem Gerichtsverfahren, das nur wenige Minuten dauerte, hatte sie keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand. Das Todesurteil gegen Zeynab Jalalian wurde im November 2011 in eine lebenslange Haftstrafe umgewandelt. Sie ist derzeit die einzige weibliche Gefangene in Iran, die mit dieser Strafe belegt ist. Aktuell sitzt sie in einem Gefängnis in Yazd – in rund 1400 Kilometern Entfernung vom Wohnort ihrer Familie.
Zeynab Jalalian durch Haftbedingungen und Folter schwerkrank
Zeynab Jalalian ist schwerkrank. 2020 war sie von Agenten des Geheimdienstministeriums binnen weniger Monate gleich vier Mal in verschiedene Gefängnisse im ganzen Land verlegt worden. Während dieser Odyssee erkrankte sie an Covid-19 und Asthma und leidet nach wir vor unter Atemnot. Es ist daher wahrscheinlich, dass sie einen permanenten Lungenschaden davontragen wird. Zudem erlitt sie während den Transporten Verletzungen durch Fesseln an den Hand- und Fußgelenken und wurde von iranischen Sicherheitskräften körperlich misshandelt. Da ihre Verletzungen unbehandelt blieben, leidet sie inzwischen an den Spätschäden. Darüber hinaus leidet sie infolge der Haftbedingungen und Misshandlungen im Gefängnis an anderweitigen schweren gesundheitlichen Problemen, unter anderem Herz-, Darm- und Nierenerkrankungen, Lähmungen, Zahn- und Kieferentzündungen. Als Folge von wiederholten Schlägen auf den Kopf ist ihr Sehvermögen stark eingeschränkt. Bisher wurde Jalalian nur einmal kurzzeitig außerhalb des Gefängnisses medizinisch versorgt, nachdem sie im Sommer 2020 positiv auf COVID-19 getestet worden war. Zu der Zeit war sie vorübergehend in einen Hungerstreik getreten, um ihre Zurückbringung in die Haftanstalt in Xoy (Choy) zu erwirken – erfolglos.
Titelbild: Plakat mit der Forderung nach Freiheit für Zeynab Jalalian bei einer Demonstration in Schweden © Shnoyi Mendan