Verfassungsschutz Bayern stört sich an Kurdistan-Solidarität

Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz hat seinen alljährlichen Bericht veröffentlicht. Die darin enthaltenen Informationen bieten wenig Überraschendes.

Wie nicht anders zu erwarten, haben die bayerischen Verfassungsschützer die Neustrukturierung der kurdischen Bewegung mitbekommen. KON-MED („Konföderation der Gesellschaften Mesopotamiens in Deutschland“) statt NAV-DEM, der Zusammenschluss zu Föderationen und Bayern und Baden-Württemberg im Verbund als „Föderation FCK“. Dies alles zu recherchieren dürfte dem Verfassungsschutz sicher keine große Mühe bereitet haben. Alle Informationen waren öffentlich zugänglich und aufmerksame ANF-Leser*innen wurden immer zeitnah informiert.

Akribisch listet der Verfassungsschutzbericht dann Themen und Aktivitäten auf, mit denen die kurdische Bewegung und solidarische Gruppen seit dem Hungerstreik von Leyla Güven für die Aufhebung der Isolation von Abdullah Öcalan befasst waren. Neu registriert wurde das Aktionsbündnis „Riseup4Rojava“ und die Aktivitäten nach dem „Tag X“, dem 9. Oktober 2019, als der türkische Staat seinen völkerrechtswidrigen Angriff auf Rojava begann. Das war für die Verfassungsschützer ein neues „Indiz“ für die „Zusammenarbeit mit Linksextremisten“ und vermeintlich PKK-nahen Strukturen. Allerdings dürfte diese Kooperation die Schlapphüte vom Verfassungsschutz auch nicht allzu sehr überrascht haben, wurde sie doch in den Berichten der letzten Jahre schon festgestellt. Man kann davon ausgehen, dass die Verfassungsschützer die gemeinsamen Aufrufe, die überall öffentlich publiziert wurden, gewissenhaft lasen, wenn sie schreiben: „Die Veranstaltungen fanden u.a. auch auf Initiative deutscher linksextremistischer Organisationen statt…. Bei einem Großteil der Protestveranstaltungen, die in Bayern seit Beginn der türkischen Militäroffensive stattfanden, konnten PKK-Aktivisten und Linksextremisten festgestellt werden.“

Welchen Nachrichtenwert hat also der neue Bayerische Verfassungsschutzbericht? Er zeugt vor allem davon, dass sich an der politischen Haltung der Bundesregierung zur PKK und vermeintlichen „Unterstrukturen“ nichts geändert hat. Die Kriminalisierung hält an, egal wie oft die Bewegung auf Friedensgespräche pocht, ein Ende der Isolationshaft der politischen Geisel Abdullah Öcalan fordert oder die völkerrechtswidrigen Angriffe und Kriegsverbrechen des türkischen Staates und die deutsche Unterstützung anprangert. Und in Bayern wird diese Verbotspolitik immer noch ein Stück weit ernster genommen als in anderen Bundesländern. Das zeigt sich zum Beispiel an der Besessenheit, mit der im Freistaat Verstöße gegen das Vereinsgesetz geahndet werden. Die bayerischen „Fahnenprozesse“ haben traurige Berühmtheit erlangt. Erst kürzlich flatterten Teilnehmer*innen der diesjährigen 8.März-Demonstration Schreiben vom Nürnberger Staatsschutz ins Haus, in denen ihnen vorgeworfen wird, angeblich Fahnen der YPJ gezeigt zu haben.

Man darf gespannt sein, wie lange in Deutschland noch an der „Partnerschaft“ mit einem Recep Tayyip Erdoğan festgehalten wird, der mit Erpressung, Menschenrechtsverletzungen und Kriegspolitik die Türkei in den Abgrund führt. Das Warten auf den Paradigmenwechsel in der Bundesregierug dauert also noch an. In der Zwischenzeit sammelt und beobachtet der Verfassungsschutz weiterhin alle Aktivitäten derer, die sich um Demokratie und Frieden bemühen. Da hat man dann auch keine Zeit mehr, sich um rechte Netzwerke in den eigenen Reihen zu kümmern.