Gut einen Monat nach der bisher größten Demonstration anlässlich des Frauenkampftages am 8. März in Nürnberg erhielten einige Teilnehmer*innen ein Schreiben vom Staatsschutz. Ihnen wird ein Verstoß gegen das Vereinsgesetz vorgeworfen, weil sie Fahnen der Frauenverteidigungseinheiten YPJ (Yekîneyên Parastina Jin) getragen haben sollen. Darüber berichtete Anfang April bereits das antikapitalistische Bündnis redside. Die interventionistischen Linke (iL) Nürnberg verurteilt die permanenten Kriminalisierungs- und Einschüchterungsversuche sowie die andauernde Repression gegen die kurdische Freiheitsbewegung und deren solidarischen Unterstützer*innen durch den deutschen Staat.
In einer Stellungnahme der iL Nürnberg heißt es: „Über das Zeigen der Flaggen der kurdischen Selbstverteidigungseinheiten YPG und der Frauenverteidigungseinheiten YPJ im Besonderen drücken wir symbolisch einen solidarischen Schulterschluss mit den kurdischen Kämpfer*innen in Rojava aus. Dieser gehört für uns nicht kriminalisiert, sondern sollte aus einer internationalistischen, feministischen Perspektive heraus selbstverständlich sein! Denn die Selbstorganisierung von Frauen* in der YPJ, die an vorderster Front gegen den Islamischen Staat und das Vorrücken der türkischen Armee in den selbstverwalteten Gebieten des nordsyrischen Rojavas kämpfen, stellen für uns die radikale Konsequenz feministischen Lebens im und gegen das Patriarchat dar. Die Revolution in Rojava ist und bleibt auch eine feministische Revolution.
Unser Feminismus ist internationalistisch
Seit 2012 wird hier ein neues Gesellschaftssystem aufgebaut, das auf den Pfeilern der Ökologie, des demokratischen Konföderalismus und des Feminismus beruht. Dass es die Frauen Rojavas in den Wirren eines Bürgerkrieges geschafft haben, eine feministische Revolution voranzutreiben und eine befreite Gesellschaft aufzubauen, gibt uns Grund zur Hoffnung und inspiriert uns für unsere eigenen Kämpfe. Denn ob Care- oder Lohnarbeit am 8. März bestreikt wird, ob sich Frauen in Betrieb und Uni organisieren oder die Frauenverteidigungkräfte der YPJ gegen Islamisten und türkische Besatzer kämpfen – uns alle eint der Wunsch nach einer vom Patriarchat befreiten Gesellschaft.”
Mit diesen Frauen sind wir solidarisch, wenn wir ihre Farben und Fahnen zeigen, heißt es weiter. Diese Solidarität lasse man sich nicht nehmen und vom Staatsschutz oder sonstigen Kräften einschüchtern. „Wir stehen Schulter an Schulter gegen Repression, denn Frauen die Leben sind Frauen, die kämpfen!“
Die Solidaritätsorganisation Rote Hilfe e.V. bietet Personen, die ebenfalls ein Schreiben vom Staatsschutz erhalten haben, Unterstützung an. Betroffene können sich telefonisch über 01577-6161108 bei der Anlaufstelle melden. Hinweis der Roten Hilfe: „Da am Telefon keine relevanten Infos weitergegeben werden sollen, verzichte bitte auf ausführliche Schilderungen was Du getan oder nicht getan hast. Wir benötigen nur die Infos, dass Du ein Schreiben oder Vorladung erhalten hast und wie wir Dich erreichen können. Der Rest wird wie üblich persönlich geklärt.“