Türkei verweigert Chef von pontosgriechischer Föderation die Einreise

Die Türkei hat dem Vorsitzenden der Föderation der Pontier in Griechenland, George Varythymiadis, die Einreise verweigert. Die Provokation hat einen diplomatischen Eklat zwischen Athen und Ankara ausgelöst.

Die Untersagung der Einreise des Vorsitzenden der Föderation der Pontier in Griechenland, George Varythymiadis, in die Türkei hat einen diplomatischen Eklat zwischen Athen und Ankara ausgelöst. Der Direktor des Dachverbands der Pontosgriechen wurde am Freitag bei der Einreise auf dem Flughafen der westtürkischen Metropole Istanbul noch vor der Passkontrolle von Polizisten festgenommen und in den Transitbereich gebracht, wo er mehrere Stunden lang festgehalten wurde. Zudem sei Varythymiadis mitgeteilt worden, dass gegen ihn ein lebenslanges Einreiseverbot vorliegt. Mit der Abendmaschine landete er wieder in Athen.

George Varythymiadis wollte über Istanbul weiter in die Hafenstadt Trabzon (historisch Trapezunt) am Schwarzen Meer reisen. Südlich der Stadt, hoch im Zigana-Gebirge, liegt das berühmte Marienkloster von Sumela, wo der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. heute den Gottesdienst zum orthodoxen Fest der Entschlafung der Gottesmutter am 15. August feiert. Anderen Mitgliedern der Abordnung aus Griechenland, darunter die Journalistin Maria Antoniadou, wurde die Einreise in die Türkei nicht verwehrt. Warum gegen den Chef des pontosgriechischen Dachverbands ein Einreiseverbot vorliegt, ist unterdessen weiter unklar.

Die Maßnahme der türkischen Behörden hat in Athen zu heftigen Protesten geführt. Das griechische Außenministerium verurteilte die gegen Varythymiadis angeordnete „unrechtmäßige und ungerechtfertigte Festnahme- und Abschiebungsanordnung”. Zuvor intervenierte Außenminister Nikos Dendias in Form einer Demarche. Dessen türkischer Amtskollege reagierte mit völligem Unverständnis auf Einwände. Es sei „bezeichnend“, dass sich Protest dagegen regt, wenn ein „griechischer Staatsbürger mit gewöhnlichem Reisepass und ohne einen offiziellen Titel und entsprechende Pflichten“ nicht ins Land darf, teilte der Sprecher des Außenministeriums, Tanju Bilgiç, in Ankara mit. Die Aussage des griechischen Ministeriums lehne man dort entschieden ab, hieß es weiter.

Das Kloster von Sumela, Bild: Babbsack | CC BY-SA 3.0

Vor wenigen Wochen hatte es noch so ausgesehen, als wären die Türkei und Griechenland bestrebt, ihr zuletzt stark angespanntes Verhältnis zu normalisieren. Seit Recep Tayyip Erdogan am 23. Juli in der nur von Ankara anerkannten Türkischen Republik Nordzypern verkündete, dass die umstrittene Öffnung der einst von griechischen Zyprer:innen bewohnten Küstensiedlung Varosha vorangetrieben werden soll, stehen beide Länder wieder am Rande der Eskalation. Sogar die ausgedehnten Waldbrände, von denen die Nachbarstaaten in den letzten Wochen heimgesucht worden waren, konnten offenbar nicht für ein Ende der Provokationen von Seiten der türkischen Führung sorgen.

Das Sumela-Kloster

Das im Jahr 386 gegründete Kloster Sumela war viele Jahrhunderte hindurch der bedeutendste Wallfahrtsort am Schwarzen Meer, vor allem wegen der hier verehrten Marienikone, die einst vom Evangelisten Lukas gemalt und von Engeln in die Höhle getragen wurde. Bis heute thront das in byzantinischer Zeit in einen Felsen gebaute Kloster hoch über einer Schlucht und zeugt von der langen Geschichte des griechisch-orthodoxen Glaubens in der Region.

Der Name Sumela stammt vom griechischen Wort Melas für schwarz. Der Klosterberg ist auf Griechisch als Schwarzer Berg bekannt und das Kloster der Allheiligen des Schwarzen Berges geweiht. Neben der handgemalten Ikone des Evangelisten Lukas soll im Kloster einst auch ein Splitter des Kreuzes aufbewahrt worden sein, an dem Jesus starb.

Hunderttausende Pontosgriechen deportiert oder ermordet 

In den Jahren 1914 bis 1923 wurden die Pontosgriech:innen Opfer einer Vielzahl von genozidalen Verfolgungswellen, veranlasst durch die Osmanische bzw. jungtürkische Regierung. Die Maßnahmen, die auch parallel zum Völkermord an den Armenierinnen und Armeniern durchgeführt wurden, umfassten Massaker, Deportationen und Todesmärsche. Nach dem Ende der kurzlebigen Pontischen Republik haben 1923 schließlich alle griechischen und armenischen Christ:innen des Pontus, die überlebt hatten, das Land verlassen, auch die Mönche von Sumela. Jahrzehnte hindurch war das Kloster eine Ruine, bis es 1972 von der Regierung in Ankara zum Nationaldenkmal erklärt wurde.

2010 wurde erstmals dem Ersuchen von Patriarch Bartholomaios stattgegeben, am 15. August die Göttliche Liturgie in Sumela feiern zu dürfen. Mehrere Jahre konnte der Patriarch danach das Marienfest dort feiern, bevor es ihm unter Hinweis auf die laufenden Restaurierungsarbeiten wieder verweigert wurde. Im vergangenen Juli wurden die Arbeiten abgeschlossen und das Kloster wiedereröffnet.