Spontandemo in Bielefeld gegen rassistische Polizeigewalt

Rund 800 Menschen haben am Sonntagabend in Bielefeld gegen Racial Profiling und Polizeigewalt demonstriert. Auslöser war eine Polizeikontrolle, bei der zwei PoC festgenommen wurden. Bei dem Einsatz zog ein Beamter seine Schusswaffe.

Etwa 800 Menschen haben am Sonntag in der Bielefelder Innenstadt gegen Racial Profiling und Polizeigewalt demonstriert. Auslöser war eine Polizeikontrolle am Abend zuvor, bei der zwei PoC willkürlich und brutal festgenommen wurden. Die Betroffenen hielten sich mit weiteren Personen auf dem Kesselbrink auf, einem beliebten Treffpunkt von Jugendlichen, der in der Vergangenheit öfter Schauplatz von rassistisch motivierter Polizeigewalt wurde, da sich mehrheitlich migrantische Menschen dort aufhalten. Einer der beiden berichtete auf der Demonstration, dass die Polizei ihn aufgrund seiner Hautfarbe nach Drogen durchsuchen wollte. Als er nachfragte, warum sein Ausweis verlangt wird, wurde er direkt zu Boden geschleudert und fixiert. Das Geschehen war von mehreren Dutzend Personen, die wenige Stunden zuvor an der großen „Stand up and fight fascism“-Demonstration in der Innenstadt teilgenommen hatten, kritisch begleitet und in Online-Netzwerken dokumentiert. Einer der Beamten zog bei dem Einsatz seine Schusswaffe. Gerufen worden waren sie allerdings wegen anderen Personen. Daraufhin mobilisierten unter anderem die Antinationale Linke Bielefeld (ALIBI), Exil, Antifa AG an der Uni Bielefeld und die Initiative schwarzer Menschen in Bielefeld zum Protest.

Die Demonstration begann um 18 Uhr am Kesselbrink, führte durch die City in Richtung Altstadt und wurde von zahlreichen Redebeiträgen begleitet. Auch die Ortsgruppen der kurdischen Jugendorganisationen JCA und TCŞ beteiligten sich. Ein kurdischer Aktivist verlas über Lautsprecher einen Redebeitrag und wies darauf hin, dass der Mord an George Floyd kein Einzelfall bleiben werde, wenn die Auflehnung dagegen ausbleibt. „Rassismus grenzt aus und konstruiert ein Wir und die anderen. Auch in der faschistischen Türkei gibt es Rassismus“, führte der Aktivist weiter aus und sprach den tödlichen Angriff auf Kadir Sakçı (43) Ende 2018 in der westtürkischen Stadt Sakarya an. Der Mann und sein 16-jähriger Sohn Burhan waren von einem Rassisten angeschossen worden, weil sie kurdisch miteinander gesprochen hatten. Der Vater starb, sein Sohn wurde schwer verletzt. Mit Blick auf den Polizeiangriff auf eine kurdische Familie Ende Mai in Herne sagte der TCŞ-Aktivist, es sei keine Überraschung, dass die Bundesregierung und der türkische Staat sich so nah stehen – auch in Deutschland werden kurdische Aktivist*innen kriminalisiert.

Wie schon am Samstag beeindruckte auch diese Demonstration wieder durch die hohe Anzahl an jungen Menschen, die wütend, laut, entschlossen und positioniert gegen Rassismus und Polizeigewalt auftraten. Ein Polizeibeamter, der an dem Einsatz am Samstag beteiligt war, begleitete die Demonstration. Dies sorgte für großes Unverständnis bei den Teilnehmenden.