Serpil Temiz Unvar gründet antirassistische Bildungsinitiative

Serpil Temiz Unvar, die Mutter von Ferhat Unvar, der bei dem Anschlag in Hanau ermordet wurde, hat eine antirassistische Bildungsinitiative gegründet. Das Projekt nahm heute bereits seine Arbeit auf, am Geburtstag von Ferhat.

Serpil Temiz Unvar, die Mutter von Ferhat Unvar, der am 19. Februar 2020 in Hanau ermordet wurde, hat eine antirassistische Bildungsinitiative gegründet. Die „Bildungsinitiative Ferhat Unvar“ nahm bereits ihre Arbeit auf – am heutigen 14. November, dem 24. Geburtstag von Ferhat. An der Idee einer Initiative arbeitet Serpil Temiz Unvar schon länger. Ihr Ziel mit dem Projekt: Schulen ohne Rassismus und ein Zusammenleben, in dem alle die gleichen Rechte haben.

Der Anschlag von Hanau, bei dem neben Ferhat Unvar acht weitere Menschen mit migrantischen Wurzeln aus rassistischen Gründen getötet wurden, hat Serpil Temiz Unvar nicht nur das Kind entrissen. Er hat gleichzeitig vieles aufgewühlt und sie mit den früheren Rassismus- und Diskriminierungserfahrungen konfrontiert, sagt sie.

„Am meisten beschäftigt mich die Situation in den Schulen. Ich denke viel darüber nach, wie oft wir uns über die Schule gestritten haben. Ferhat war ein hochbegabtes Kind, sehr intelligent und sehr lebendig. Manchmal war es nicht einfach mit ihm. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Lehrer ein ‚Ausländerkind‘ oft nicht akzeptieren. Ferhat hat immer wieder diese Erfahrung gemacht. Und ich habe immer wieder zu ihm gesagt: Du musst mehr arbeiten als die anderen, weil Du nicht die gleichen Chancen hast wie die deutschen Kinder. Er hat sich sehr angestrengt. Aber wenn er gespürt hat, dass die Lehrer gegen ihn waren, dann hat er es nicht aushalten können. Es hat mein Verhältnis zu meinem Sohn sehr belastet. Ich hätte mir gewünscht, mit anderen Müttern darüber sprechen zu können. Deswegen möchte ich einen Raum öffnen für antirassistische Bildung und Empowerment, in Gedenken an meinen Sohn Ferhat. Wir müssen etwas verändern. Für die Zukunft so vieler anderer Kinder“, schreibt Serpil Temiz Unvar auf der Webseite der Bildungsinitiative.

Anfang März, also unmittelbar nach dem rassistischen Anschlag von Hanau, hatte Serpil Temiz Unvar Bundeskanzlerin Merkel einen Brief überreicht, in dem sie die Gründung einer Stiftung ankündigte. Seitdem arbeite sie mit Freundinnen und Unterstützerinnen an dieser Idee, von der sie mehr denn je überzeugt ist.

Die Initiative kann mit Spenden unterstützt werden: Spendenkonto Lückenlos e.V., IBAN: DE19430609674108589900, BIC: GENODEM1GLS, GLS Bank Bochum, Verwendungszweck: „Bildungsinitiative Ferhat Unvar“

 

Was tut die Bildungsinitiative Ferhat Unvar?

– Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche, die rassistische Diskriminierung in der Schule erfahren und deren Mütter

– Beratung, Gruppenaustausch, Selbsthilfe

– Durchführung von Seminaren und Workshops zur Stärkung von betroffenen Müttern und Kindern

– Entwicklung von Sensibilisierungskonzepten für Lehrer:innen und Schulträger

– Schulbesuche und Austausch mit kritischen Lehrer:innen

– Erstellung von Materialien für Mütter, Schüler:innen und Lehrer:innen

Die Bildungsinitiative steht bundesweit im Kontakt mit bestehenden Initiativen und vor allem Betroffenen, um die Bedürfnisse besser zu kennen und Angebote, Formate und Methoden zu entwickeln. „Wir brauchen einen langen Atem – und freuen uns über Unterstützung“, sagt Serpil Temiz Unvar.