„Tot sind wir erst, wenn man uns vergisst“

Serpil Temiz hat ihren Sohn Ferhat Unvar vor zwei Monaten in Hanau verloren. Sie fordert Unterstützung, damit die neun Todesopfer des rassistischen Angriffs nicht vergessen werden und sich solche Taten nicht wiederholen.

Vor gut zwei Monaten, am 19. Februar 2020, hatte ein 43-jähriger Deutscher in Hanau neun Menschen mit ausländischen Wurzeln aus rassistischen Gründen getötet. Von Mitgliedern des Hanauer Ausländerbeirats ist das „Institut für Toleranz und Zivilcourage – 19. Februar Hanau e.V.“ gegründet worden, um den Angehörigen der Opfer eine Plattform zu bieten. Der Verein will den Anschlag und seine Opfer unvergessen machen und die Angehörigen unterstützen. Mit eigenen Projekten soll ein „engagiertes, kraftvolles und vereintes Auftreten gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit“ gefördert werden.

Eine der Angehörigen ist Serpil Temiz, die ihren Sohn Ferhat Unvar bei dem Anschlag verloren hat. Sie will sich als Ehrenmitglied in dem Verein engagieren und sagt: „Solange meine Kraft reicht, werde ich für meinen Sohn und seine Freunde kämpfen, damit ihre Namen nicht vergessen werden und das Verbrechen umfassend aufgeklärt wird.“

Obwohl zwei Monate vergangen sind, hat Serpil Temiz noch keine Antwort auf ihre Fragen gefunden. Gegenüber der Zeitung Yeni Özgür Politika erklärt sie: „Ich habe Angela Merkel einen Brief geschrieben, aber keine Antwort bekommen. Auch über die Ermittlungen weiß ich nichts. Niemand antwortet darauf, wie der Stand der Ermittlungen ist und ob die Forderungen von uns als Opferfamilien erfüllt werden. Die Agenda im Land hat sich geändert, aber ich werde die Vorgänge weiter verfolgen.“

Serpil Temiz sagt, dass sie dafür Unterstützung erwartet, weil der Fall alle etwas angeht: „Solange Angriffe dieser Art vertuscht werden, werden sie weitergehen. Ich bitte darum, dass alle tun, was ihnen möglich ist. Wir müssen eine Öffentlichkeit herstellen und die Behörden immer wieder zur Stellungnahme auffordern. Und wir dürfen die ermordeten jungen Menschen niemals vergessen.“

Am vergangenen Sonntag ist der Toten von Hanau am Tatort gedacht worden. Neben Fotos, Kerzen und Blumen lag dort ein Schild mit der Aufschrift: „Tot sind wir erst, wenn man uns vergisst.“ Diesen Satz hatte Ferhat Unvar 2015 auf seiner Facebook-Seite geteilt.

Bei den Toten von Hanau handelt es sich um Ferhat Unvar, Said Nesar Hashemi, Vili Viorel Păun, Mercedes Kierpacz, Sedat Gürbüz, Kaloyan Velkov, Fatih Saraçoğlu, Gökhan Gültekin und Hamza Kurtović.