Protest vor Nürnberger Werken deutscher Waffenkonzerne

In Nürnberg haben Aktivisten von SJD-Die Falken und linksjugend solid Antikriegsaktionen vor Werken deutscher Waffenkonzerne durchgeführt. Sie fordern Wirtschaftssanktionen gegen die Türkei und die Enteignung des Vermögens deutscher Waffenkonzerne.

Am Montagabend hat eine Jugendgruppe der SJD-Die Falken in Nürnberg gemeinsam mit Mitgliedern der linksjugend solid Nürnberg-Fürth eine Antikriegsaktion vor den Werkshallen von Thyssen-Krupp in der Rheinstraße, sowie von Diehl in der Donaustraße durchgeführt. Dabei haben die Aktivist*innen Aufklärungs-Flugblätter an Angestellte verteilt und ein Transparent mit der Aufschrift „Deutsche Waffenproduktion einstampfen. Frieden für Rojava“ am Werkstor angebracht.

Mit der Aktion wiesen die Aktivist*innen auf die Verantwortung der deutschen Regierung und deutscher Waffenproduzenten für den aktuell tobenden Terror und den völkerrechtswidrigen Krieg durch die Türkei und islamistische Milizen in Nordsyrien hin. Sie erklärten, sich als Kinder- und Jugendverband in der Pflicht zu sehen, auf das Leid der Kinder und Jugendlichen in diesem Krieg hinzuweisen. Denn sie seien stets die ersten Opfer.

Am 9. Oktober befahl der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan den Einmarsch seiner Truppen in die Gebiete der Demokratischen Föderation Nord- und Ostsyriens. Die türkische Armee rückt seitdem auf kurdische, arabische und christliche Viertel in verschiedenen Städten Syriens vor. Es sind massive ethnische Säuberungen zu befürchten. Aus der Luft, mit Artillerie und Panzern werden Wohnviertel beschossen. Unterstützt wird der Feldzug von islamistischen Milizen – unter anderem frühere Kommandeure des sogenannten „Islamischen Staates” (IS). Bei gezielten türkischen Bombardements auf Gefängnisse der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) konnten bereits knapp 800 ehemalige IS-Angehörige entkommen. Es kam mehrfach zu gezielten Bombardierungen von Krankenhäusern. In Serêkaniyê (Ras al-Ain) wurde ein Zivilkonvoi beschossen. Unter den zwölf Todesopfern und mehr als 70 Verletzten sind auch Journalist*innen. Es finden Exekutionen durch der Türkei nahestehende Dschihadisten statt. Kriegsverbrechen reiht sich an Kriegsverbrechen.

Nico Schreiber, Vorsitzender der Falken in Nürnberg, sagt dazu: „Eben diejenigen Kurden und Kurdinnen, die den IS mit höchstem Einsatz bekämpft und besiegt haben, werden nun von der Türkei überfallen und ermordet – mit deutschen Waffen. Der kürzlich beschlossene sogenannte ‚Exportstopp’ ist eine Farce, nachdem allein im letzten Jahr deutsche Waffen im Wert von 184 Millionen Euro an die Türkei geliefert wurden. Die deutschen Panzer, die jetzt durch Syrien rollen, wurden vor vielen Jahren an die Türkei verkauft. Deutsche Waffenindustrie und die Regierung morden mit – treffen wird es wieder die Zivilbevölkerung. In Rojava und Syrien durch die Türkei und den IS – und wenn dieser sich nun neu gruppieren kann, wird der Terror des IS auch wieder nach Europa kommen, wo auch wieder die einfache Bevölkerung darunter leiden wird. Bald ist wieder Weihnachtsmarkt. Und dank der deutschen Waffenindustrie, der deutschen Regierung und der türkischen Armee muss man 2019 wieder Angst haben vor Anschlägen des IS.“

Die Nürnberger Aktivist*innen erinnern daran, dass der islamistische und faschistische Terror des Erdogan-Regimes nicht nur die eigene Bevölkerung innerhalb der Türkei trifft. „Mit dem Angriff und der Eroberung der kurdischen Stadt Afrin 2018 und dem seit einigen Tagen andauernden Überfall auf die ganze Region, greift die Türkei ein bis dato relativ sicheres und friedliches Gebiet in Syrien an. Innerhalb von nur zwei Tagen wurden mehr als 70.000 Menschen vertrieben. Die Zahl der Flüchtlinge steigt.”

Tabea Erll von der linksjugend solid meint: „In den Gebieten der Demokratischen Föderation Nord- und Ostsyriens – vielen besser bekannt als Rojava – wuchs seit vielen Jahren ein Gesellschaftsprojekt, das nicht nur für den Nahen Osten zukunftsweisend ist. Es basiert auf Frauenbefreiung, auf Ökologie, auf echter, demokratischer Mitbestimmung und dem friedlichen Zusammenleben der Religionen und Kulturen. All das will Erdogan zerschlagen. Die Türkei greift damit die ganze Menschheit und unsere Zukunft an.“

In Deutschland würden skandalöserweise türkei- und erdogannahe, sowie islamistische Organisationen und Vereine geduldet, während viele kurdische Organisationen verboten und verfolgt werden, kritisieren die Aktivist*innen. So wurde mittlerweile in Bayern zwar mehrfach gerichtlich bestätigt, dass die Symbole der syrisch-kurdischen Volks- und Frauenverteidigungseinheiten YPG und YPJ nicht verboten sind, dennoch beschlagnahmten erst am vergangenen Sonntag Polizisten in Nürnberg zahlreiche dieser YPG/YPJ-Fahnen. „Zur gleichen Zeit wird hier in Deutschland in Moscheen der DITIB für den heiligen Krieg gebetet und Türkeikritiker*innen werden von DITIB-Imamen bespitzelt”, so die Falken und linksjugend solid weiter.

„Daher rufen wir alle Menschen – ob Politiker*innen oder nicht – dazu auf, sich für folgende Punkte einzusetzen:

- Sofortige Wirtschaftssanktionen gegen die Türkei bis zu ihrem vollständigen Rückzug aus der Demokratischen Föderation Nord- und Ostsyriens.

- Ein Ende der Kriminalisierung kurdischer Organisationen in Deutschland und insbesondere Bayern.

- Das Verbot von islamistischen, türkei-treuen Organisationen wie DITIB und miligörüs.

- Ein Verbot von Waffenexporten mit sofortiger Wirkung. Geschlossene Verträge müssen ihre Gültigkeit verlieren.

- Die Enteignung des Vermögens deutscher Waffenkonzerne und die zukunftsgerichtete Umstrukturierung selbiger zu friedlichen und zivilen Unternehmen bei vollem Lohn- und Personalausgleich.”