Protest bei Talkshow in Gedenken an ermordete Journalistinnen

Women Defend Rojava störte kurzzeitig die live übertragene Polittalkshow „Caren Miosga“ und machte mit Parolen auf die Ermordung der Journalistinnen Gulistan Tara und Hêro Bahadîn durch eine türkische Drohne aufmerksam.

Ignoranz und die Stille deutscher Medien

Der sonntägliche Polittalk „ Caren Miosga“ lief dieses Mal nicht nach dem üblichen Muster ab. Aktistinnen von Women Defend Rojava (WDR) brachten ein Thema lautstark ins Fernsehen, das in den deutschen Medien so gut wie totgeschwiegen wird. Sie erhoben sich während der Talkrunde im Studio Berlin und machten auf die Ermordung der Journalistinnen Gulistan Tara und Hêro Bahadîn am 23. August 2024 durch eine türkische Drohne aufmerksam. Die beiden kurdischen Journalistinnen wurden durch den Drohnenangriff in der Nähe der südkurdischen Stadt Silêmanî getötet, ein Kollege wurde schwer verletzt. Obwohl hier gezielt Journalistinnen vom NATO-Staat Türkei umgebracht wurden, waren die Morde kein Thema.

Wie Women Defend Rojava erklärt, ist der Drohnenanschlag Teil einer systematischen Mordpolitik des türkischen Staates gegen die oppositionelle Presse. Im Oktober 2022 wurde die Journalistin, Autorin und Frauenrechtsaktivistin Nagihan Akarsel vor ihrer Wohnung in Silêmanî von Killern des türkischen Geheimdienstes MIT erschossen. Im Juli 2024 wurde in der Region Şengal ein Mitarbeiter des ezidischen Radiosenders Çira FM durch einen Drohnenangriff getötet. Die Journalistin Medya Hasan Kemal vom Sender Çira TV und der Mitarbeiter Xelef Xidir wurden bei dem Angriff verletzt. Bei einem Drohnenangriff in Nordsyrien wurde Necmeddîn Feysel Hec Sînan, der Fahrer eines Fahrzeugs von dem Fernsehsender JinTV getötet, die Mitfahrerin, eine Korrespondentin, Delîla Egîd erlitt schwere Verletzungen und verlor einen Arm. Weitere Beispiele könnten genannt werden.


Wir kritisieren das Schweigen zu den Morden an Journalist:innen“

Women Defend Rojava erklärte in einer Mitteilung: „Wir gedenken mit unserer Aktion aller ermordeten Journalistinnen und Journalisten. Wir kritisieren die deutsche Medienlandschaft für ihre Ignoranz und die Stille, die auf die Morde an den kurdischen Journalistinnen folgte.“

Zur Begründung für die Aktion hieß es weiter: „In einer einstündigen Talkshow, in der manchmal mehr Krawall statt nach Kompromissen gesucht wird, kann nicht jedes Thema der Welt aufgedröselt werden. Hier und in den vielen anderen politischen Sendungen von ARD und ZDF setzen Journalist:innen aber Themen. Wir verstehen nicht, warum die Ermordung von Journalistinnen durch das türkische Militär nicht auch eines ist.“

Gleichzeitig wiesen die Aktivistinnen auf die Unterstützung des türkischen Staates durch die Bundesregierung hin und erinnerten daran, dass im Frühjahr 2018 deutsche Leopard2-Panzer bei der völkerrechtswidrigen Besetzung von Efrîn in Nordsyrien eingesetzt wurden.

Im Kampf gegen den Islamismus ist auf den deutschen Staat kein Verlass“

Die Aktivistinnen von Women Defend Rojava prangerten die Doppelmoral der Bundesregierung an: Einerseits würden Migration und Islamismus „problematisiert“ und zum wahlentscheidenden Thema gemacht, doch außenpolitisch werde mit den Staaten kollaboriert, die Dschihadisten und Islamisten finanzieren. Damit bezogen sich die Aktivistinnen insbesondere auf die Zusammenarbeit des türkischen Staates mit dem IS und anderen dschihadistischen Terrororganisationen. Die Bundesregierung selbst hatte in einer geheimen Antwort die Türkei als „Aktionsplattform des islamistischen Terrors“ bezeichnet, daraus jedoch keinerlei Konsequenzen gezogen. Women Defend Rojava zieht daraus den Schluss:

„Im Kampf gegen den Islamismus ist auf den deutschen Staat kein Verlass. Die Journalisten und Journalistinnen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sollten die größten Kritiker der Bundesregierung und der staatlichen Institutionen sein. Deswegen fordern wir von der deutschen Medienlandschaft und insbesondere von den Redaktionen im ÖRR, niemals zu Morden an Journalistinnen und Journalisten zu schweigen. Dort, wo Journalist:innen ermordet werden, stirbt auch die Pressefreiheit. Alle, die sich als Journalist:innen verstehen, sollten diese immer verteidigen!“