Frauenstadtparlament zur Stärkung politischer Teilhabe
Die Stadtverwaltung im nordkurdischen Mûş (tr. Muş) will mit der Gründung eines „Frauenstadtparlaments“ die politische Teilhabe von Frauen stärken. Das kündigte Ko-Bürgermeisterin Tuba Sayılğan (DEM) im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Mezopotamya (MA) im Rahmen einer Bilanz ihres ersten Amtsjahres an.
Sayılğan betonte, dass mit dem Wahlsieg der DEM-Partei bei den Kommunalwahlen 2024 erstmals ein alternativer kommunalpolitischer Kurs in Mûş eingeleitet wurde. Besonders Frauen- und Kinderpolitik seien zentrale Schwerpunkte ihrer Arbeit. Bereits realisiert wurden unter anderem ein Frauenerholungszentrum, ein Kondolenzhaus ausschließlich für Frauen sowie eine städtische Frauenabteilung.
„Strukturelle Ungleichheit abbauen“
Laut Sayılğan sei die politische Vertretung von Frauen in städtischen Entscheidungsstrukturen weiterhin unzureichend. „In der Verwaltung waren über Jahrzehnte hinweg fast ausschließlich Männer in leitenden Positionen tätig. Wir haben begonnen, dieses Ungleichgewicht abzubauen – im Rathaus, aber auch auf der Straße“, sagte sie.
Ko-Bürgermeisterin Tuba Sayılğan © MA
Der geplante Frauenrat solle nun als unabhängiges, partizipatives Gremium fungieren, an dem sich Frauen aus allen gesellschaftlichen Bereichen beteiligen könnten. Ziel sei es, einen Ort des Austauschs, der Vernetzung und der Mitentscheidung zu schaffen.
Fokus auf Infrastruktur und Beschäftigung
Ein zentrales Infrastrukturproblem – die Wasserversorgung – sei ebenfalls in Angriff genommen worden. „Besonders Frauen litten unter dem chronischen Wassermangel, da sie überproportional für die Wasserbeschaffung zuständig waren“, erklärte Sayılğan. In Kooperation mit der staatlichen Wasserbehörde DSI sei eine kommunale Lösung auf den Weg gebracht worden.
Parallel dazu werde eine Frauenkooperative zur Verarbeitung von Tomatenprodukten aufgebaut. Der Antrag auf staatliche Förderung laufe bereits. Im Erfolgsfall könnten Frauen entlang der gesamten Produktionskette beschäftigt werden – von der landwirtschaftlichen Erzeugung bis zur Weiterverarbeitung.
Schutz vor Gewalt und Förderung von Sprache und Kultur
Auch im Bereich Gewaltschutz seien Maßnahmen eingeleitet worden. In Zusammenarbeit mit der Anwaltskammer in Mûş wurde ein Protokoll unterzeichnet, das gewaltbetroffenen Frauen rechtliche Unterstützung sichert. Zudem sei der Aufbau eines Frauenberatungszentrums in Vorbereitung, das auch psychologische und soziale Hilfe anbieten soll.
Für Jugendliche und Kinder seien kulturelle Programme und Veranstaltungen vorgesehen. Anlässlich des am 15. Mai begangenen Tages der kurdischen Sprache habe die Stadt ein großes Konzert organisiert. Tausende junge Menschen hätten daran teilgenommen. „Mûş war über Jahrzehnte hinweg ein Ort der kulturellen Assimilation – dem wollen wir mit aktiven Kulturangeboten begegnen“, so Sayılğan.