Mörder von Sivas laufen frei herum

27 Jahre nach dem Massaker von Sivas befinden sich die Mörder immer noch in Freiheit. Der Ko-Vorsitzende des alevitischen Verbandes DAD in Ankara, Mustafa Karabudak, kritisiert die Straflosigkeit scharf.

Der Name Sivas (kurd. Sêwas) wird immer mit dem Pogrom vom 2. Juli 1993 verbunden bleiben. Vor 27 Jahren wurden 33 alevitische Intellektuelle unter den Hassrufen eines Mobs von über 5.000 Menschen bei lebendigem Leibe verbrannt. Anlässlich des Jahrestags des Massakers hat sich der Ko-Vorsitzende der Demokratischen Alevitischen Vereine (DAD) in Ankara, Mustafa Karabudak gegenüber ANF zu dem Pogrom geäußert. Er fordert die Öffnung der Akten über die Massaker an der alevitischen Bevölkerung in der Türkei und Nordkurdistan und eine historische und juristische Auseinandersetzung mit den Verbrechen an Alevitinnen und Aleviten. „Diese Haltung reicht von Kerbela bis heute. Das Massaker von Madımak [Name des Hotels, in dem das Massaker stattfand] ist ein Ausdruck davon. Es zieht sich eine rote Linie von Koçgiri, Dersim, Çorum, Malatya, Maraş über Madımak bis nach Gazi. Rückblickend können wir sagen, dass 27 Jahre seit dem Massaker von Madımak vergangen sind und alle unsere juristischen Anläufe in diesem Zusammenhang gescheitert sind. Man hat sich nicht mit der Realität auseinandergesetzt. Es wurde nichts unternommen. Die Mörder laufen immer noch frei in Europa herum“, so Karabudak.

Der Staat wollte das Volk zum Schweigen bringen

Der Ko-Vorsitzende der Demokratischen Alevitischen Vereine stellt fest, dass sich das Massaker von Sivas nicht allein gegen die Alevit*innen richtete: „Damals, als das Massaker stattfand, gab es eine Koalitionsregierung, die sich politisch festgefahren hatte. Es gab wichtige Entwicklungen im kurdischen Freiheitskampf. Es fanden Arbeitskämpfe statt und auch die Studierenden waren auf der Straße. Es ging dem Staat bei dem Massaker darum, die Massen zum Schweigen zu bringen.“

Totaler Angriff des Staates auf Andersdenkende

Karabudak weist auf die Zerstörung kurdischer Städte in den Jahren 2015/2016 hin und betont, dass die Angriffe auf Nisêbîn (türk. Nusaybin), Cizîr (türk. Cizre) und Sûr ebenfalls im Kontext mit dem Massakern wie dem von Sivas gesehen werden müssen. Auch die Massaker der letzten Wochen, die Angriffe auf Friedhöfe und religiöse Stätten, seien ein Teil dieser Politik. Er fährt fort: „Der Staat führt einen totalen Angriff auf alle Andersdenkenden durch.“

Die alevitischen Forderungen legt Karabudak ebenfalls dar: „Alle Alevitinnen und Aleviten fordern Frieden und Demokratie, eine Auseinandersetzung mit den Massakern und eine Öffnung der Akten. Die wahren Täter müssen bestraft werden. Diese Massaker haben auch eine internationale Dimension und das muss aufgeklärt werden.“