Mörder von Şahin Öner bleibt auf freiem Fuß

Der 19-jährige Şahin Öner wurde im Februar 2013 vorsätzlich von einem gepanzerten Polizeifahrzeug überfahren. Sein Mörder, der Polizist Selahattin Korkmaz, ist weiterhin auf freiem Fuß.

In der nordkurdischen Provinz Amed fand am Dienstag vor dem 1. Schwurgerichtshof Diyarbakir die zweite Verhandlung im Prozess um den Mord an dem 19-jährigen Şahin Öner statt. Der Gymnasiast war am 10. Februar 2013 von einem gepanzerten Polizeifahrzeug überfahren worden. Am Steuer saß der Polizist Selahattin Korkmaz, der vorsätzlich in eine Menschenmenge gefahren war, die nach einem gewaltsamen Übergriff auf eine Kundgebung im Stadtteil Bajarê Nû (Yenişehir) in eine Seitenstraße flüchtete. Nachdem Şahin Öner überfahren wurde, verschleppten ihn Sicherheitskräfte schwerverletzt auf die nahegelegene Polizeiwache. Dort verstarb er schließlich an den Folgen seiner inneren Verletzungen.  

Über vier Jahre nach dem Mord an Öner lautete die Anklage gegen den Polizisten im Juni 2017 zunächst auf fahrlässige Tötung. Die 7. Strafgerichtskammer Diyarbakir entschied, dass Korkmaz wegen Mordes angeklagt werden müsse und verwies den Fall an den Schwurgerichtshof. An der gestrigen Verhandlung nahmen der Beschuldigte und sein Anwalt nicht teil. Sofort zu Beginn forderte der Hinterbliebenen-Anwalt Abdullah Zeytun die Vorladung des Beschuldigten sowie die Vernehmung der zum Tatzeitpunkt diensthabenden Polizisten vor Gericht. Sowohl die Aussage von Selahattin Korkmaz als auch die seiner Kollegen waren bisher lediglich schriftlich eingeholt worden.

Staatsanwalt fordert bis zu 25 Jahre Haft

Anschließend legte der Staatsanwalt seine Stellungnahme vor, aus der hervorging, dass es sich bei dem Mord an Şahin Öner um ein vorsätzliches Tötungsdelikt handelt. Dies sei nach Auswertung der Beweise und unter Berücksichtigung der Zeugenaussagen und des Obduktionsberichts sowie von dem Verhalten des ehemaligen Provinzgouverneurs abzuleiten. Der damalige Gouverneur Mustafa Toprak hatte sofort nach dem Mord an dem 19-Jährigen eine Erklärung abgegeben, wonach es sich bei Şahin Öner um einen „Selbstmordattentäter” gehandelt habe, der „im Zuge der Explosion einer selbstgebastelten Handgranate ums Leben gekommen” sei. Daraus sei eindeutig ersichtlich, dass „Anstrengungen unternommen wurden, um freiheitsentziehende Maßnahmen zu vermeiden (…)“, so der Staatsanwalt.

Rechtsanwalt Zeytun forderte daraufhin Haftbefehl gegen den Polizisten. Der Antrag wurde abgewiesen und die Verhandlung vertagt.