Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist in Istanbul vom türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan zu einem Abschiedsbesuch empfangen worden. Das Treffen findet in der Präsidentenvilla im historischen Stadtteil Tarabya am Bosporus statt. Themen des Gesprächs sind nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Seibert unter anderem die Rolle der Türkei als Nato-Partner und das Flüchtlingsabkommen mit der Europäischen Union.
Der Weg durch die Türkei ist für viele Flüchtlinge die Hauptroute in Richtung Europa. Rund 3,7 Millionen Menschen aus Syrien sowie Hunderttausende aus anderen Ländern wie etwa Afghanistan sind in dem Land bereits gestrandet. 2016 war zwischen der EU und der Türkei der sogenannte Flüchtlingspakt vereinbart worden, gemäß dem sechs Milliarden Euro für die Flüchtlinge aufgebracht wurden. Im Gegenzug verpflichtete sich die Türkei, die Fluchtwege über die Ägäis nach Griechenland zu sperren. Zur Akzeptanz und Durchsetzung von politischen und geostrategischen Zielen drohte Erdoğan im Wissen um die Schlüsselrolle der Türkei in der Flüchtlingsfrage seitdem immer wieder mit dem Ende des Abkommens mit der EU. Vergangenen Juni wurden dem Land weitere drei Milliarden Euro bis 2024 zugesagt.
Umgang mit Bürgerrechten und Zivilgesellschaft ebenfalls Thema
Mit Erdoğan will Bundeskanzlerin Merkel aber auch über den Umgang mit Bürgerrechten und der türkischen Zivilgesellschaft sprechen. In dem Land sind mehrere deutsche Staatsangehörige inhaftiert, meist wegen des Vorwurfs der Terrorpropaganda. Nach Angaben des Auswärtigen Amts liegt ihre Zahl im „mittleren zweistelligen Rahmen“. Zuletzt wurde der Bochumer Unternehmer Mahmut Güneş wegen vermeintlicher Propaganda für die PKK zu fast drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Mit Stand von August wird zudem weiteren 58 Deutschen die Ausreise verweigert. Wie viele Personen, die einen ständigen Aufenthaltstitel in Deutschland, aber keinen deutschen Pass haben, von den autoritären Maßnahmen des Erdoğan-Regimes betroffen sind, ist nicht bekannt.