Geiselpolitik: Hamide Akbayir in der Türkei festgesetzt

Gegen die ehemalige Kölner Stadträtin und NRW-Landtagsabgeordnete Hamide Akbayir wird in der Türkei wegen „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ und „Terrorpropaganda“ ermittelt. Ein Gericht verhängte eine Ausreisesperre und Meldeauflagen.

Die ehemalige Kölner Stadträtin und NRW-Landtagsabgeordnete Hamide Akbayir sitzt in der Türkei fest und darf das Land nicht verlassen. Das berichtet der Verein „Stimmen der Solidarität – Mahnwache Köln e.V.”. Hintergrund ist offenbar ein Haftbefehl wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und Terrorpropaganda.

Akbayir sei Mitte Juni in die Türkei gereist, um Verwandte zu besuchen. Der Haftbefehl gegen sie ist bereits am Tag nach ihrer Einreise erlassen worden, am 2. September sei sie im nordkurdischen Dep (tr. Karakoçan) in der Provinz Xarpêt (Elazığ) festgenommen und von der Staatsanwaltschaft Ankara per Videoschalte verhört worden. Der zuständige Richter habe dann eine Ausreisesperre gegen die 62-Jährige verhängt und polizeiliche Meldeauflagen angeordnet. Ein Einspruch gegen diese Entscheidung sei am 24. September abgelehnt worden.

Verstoß gegen internationales Recht

Der Verein „Stimme der Solidarität" zeigte sich empört über die Festsetzung von Akbayir in der Türkei und bezeichnete das Vorgehen der dortigen Behörden als „Geiselpolitik”. „Wir protestieren dagegen, dass die türkische Justiz eine deutsche Politikerin für ihre politischen Aussagen und Aktivitäten in Deutschland in der Türkei festhält und anklagen wird. Das verstößt gegen das internationale Recht”, heißt es in einer von der grünen Landtagsabgeordneten Berivan Aymaz, der ehemaligen Ministerin Anke Brunn, Ratsmitglied Jörg Detjen und dem Schriftsteller Günter Wallraff unterzeichneten Erklärung. Sie seien zudem besorgt darüber, dass in der Türkei seit Jahren immer wieder Kölnerinnen und Kölner sowie andere Deutsche als Geiseln festgehalten würden und das Land diese als Faustpfand für Verhandlungen mit Deutschland einsetze. „Das muss eine deutsche Außenpolitik endlich beenden. Hamide Akbayir muss heimkehren!” 

Erst kürzlich war die Kölnerin Gönül Örs zu mehr als zehn Jahren Haft verurteilt worden, sie durfte allerdings ausreisen. Ihre Mutter, die Künstlerin Hozan Canê, war 2018 zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden, sie durfte das Land im Juli verlassen.

Ausschließlich deutsche Staatsbürgerin

Hamide Akbayir ist 1959 in Dersim geboren und Mutter zweier erwachsener Kinder. Seit 1998 besitzt sie ausschließlich die deutsche Staatsbürgerschaft. Sie ist von Beruf chemisch-technische Assistentin und arbeitete von 1980 bis zu ihrem Ruhestand im April dieses Jahres am Institut für Biochemie an der Universität Köln. In den 90er Jahren war sie im Ausländerbeirat der Stadt Köln, 2010 für zwei Jahre im Landtag NRW und von 2014 bis 2020 Mitglied im Rat der Stadt Köln. „Sie hat sich ehrenamtlich über viele Jahre insbesondere für die Rechte der Frauen, für einen besseren Umweltschutz, für eine aktive Friedenspolitik, für die Interessen der Migrantinnen und Migranten und auch der Kurdinnen und Kurden eingesetzt”, schreibt Stimmen der Solidarität über Akbayir.

Die Linke NRW: Willkürliche Verhaftungen umgehend beenden

Die Linke NRW ist ebenfalls wütend. Hamide Akbayir werde als deutsche Staatsbürgerin und ehemalige Landtagsabgeordnete in der Türkei festgehalten, weil sie sich solidarisch mit Kurdinnen und Kurden zeigte, erklärte der stellvertretende Landessprecher Jules El-Khatib. „Wir fordern die nordrhein-westfälische Landesregierung auf, sich umgehend für Hamides Freiheit einzusetzen und deutlich zu machen, dass diese willkürlichen Verhaftungen umgehend beendet werden müssen. Es kann nicht sein, dass in der Türkei immer wieder Menschen festgehalten werden, nur weil sie sich für eine friedliche Konfliktlösung einsetzen, und die Landesregierung schweigt dazu.”