Der deutsch-kurdische Unternehmer Mahmut Güneş ist in der Türkei verhaftet worden. Dem Bochumer, der nur die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, wird von der türkischen Justiz vorgeworfen, „Propaganda für eine Terrororganisation“ betrieben zu haben. Grundlage der Beschuldigung ist offenbar ein Beitrag im Kurznachrichtendienst Twitter. In dem Post eines anderen Nutzers, den Güneş retweetet haben soll, sei der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan als „Zwangsverwalter der USA“ bezeichnet worden, berichtet das kurdische Medium Nûpel. Als weiterer Beweis gegen Güneş diene demnach ein Foto, das ihn bei einer Solidaritätsaktion für einen Hungerstreik politischer Gefangener in der Türkei zeigt.
Güneş seit gestern in Hochsicherheitsgefängnis
Mahmut Güneş ist letzten Freitag in die Türkei gereist, um sein Dorf in der kurdischen Provinz Meletî (tr. Malatya) zu besuchen. Am Flughafen Kayseri wurde er festgenommen. In Polizeigewahrsam sei er über das Videokonferenzsystem SEGBIS zur Generalstaatsanwaltschaft der zentralanatolischen Stadt geschaltet worden, bevor er an ein diensthabendes Gericht überstellt wurde. Seit Samstagabend sitzt Güneş im Hochsicherheitsgefängnis Kayseri-Bünyan.
Rechtsbeistand: Verhaftung entbehrt jeglicher juristischer Grundlage
Laut Nûpel will der Rechtsbeistand von Güneş kommende Woche Beschwerde gegen den Haftbefehl einlegen. Die Verhaftung des Bochumers habe keine juristische Grundlage und verletze sein Recht auf Freiheit und Sicherheit. Für die türkischen Behörden dürfte dies wohl kaum relevant sein. Die Justiz ist politisch instrumentalisiert und der Exekutive unterworfen. Sie gilt seit Jahren als verlängerter Arm des Präsidenten und als Stütze für den immer härteren innenpolitischen Kurs gegen jegliche Opposition. In den Gefängnissen des Landes sitzen zehntausende politische Gefangene unschuldig ein, teilweise seit Jahrzehnten. Auch werden immer wieder Deutsche – vor allem mit kurdischen Wurzeln – bei der Einreise oder während des Urlaubs festgenommen oder mit einer Ausreisesperre belegt.
Aymaz: Bundesregierung muss alle diplomatischen Hebel in Bewegung setzen
Die kurdischstämmige Politikerin und grüne NRW-Landtagsabgeordnete Berivan Aymaz hat die Bundesregierung im Fall von Mahmut Güneş aufgefordert, „alle diplomatischen Hebel“ für die Freilassung des Bochumers und aller anderen in der Türkei festgesetzten Deutschen in Gang zu setzen. „Diese systematische Verfolgung ist ein massiver Eingriff in die Meinungsfreiheit der Menschen hier in Deutschland“, schrieb Aymaz bei Twitter. Reisehinweise allein reichten nicht mehr aus. Es müsse der Türkei gegenüber deutlich signalisiert werden, dass diese Verfolgung von deutschen Staatsangehörigen nicht toleriert wird.