Linke und Grüne bekunden Solidarität mit der HDP

Nach der erneuten Repressionswelle in der Türkei fordern Politikerinnen und Politiker der Linkspartei und der Grünen in Deutschland die Freilassung der Festgenommenen und bekunden Solidarität mit der HDP.

Vor dem Hintergrund der erneuten Repressionswelle des türkischen Staates gegen Politiker*innen der Demokratischen Partei der Völker (HDP) bekunden DIE LINKE und DIE GRÜNEN Solidarität.

Bernd Riexinger, Bundesvorsitzender der Linkspartei, hat am Samstagabend am Rande des NRW-Landesparteitages in der Halle Münsterland dieses Vorgehen als einen ungeheuren Angriff auf die Demokratie bezeichnet. „Es muss daher völlig klar sein, dass wir solidarisch sind mit den politischen Gefangenen. Alle politischen Gefangenen müssen freigelassen werden“, erklärte Bernd Riexinger gegenüber Münster Tube. Auch der Parteitag der Linken in Münster zeigte sich solidarisch mit der HDP, darunter auch Bundestagsabgeordnete der Partei.

 

Sevim Dagdelen: Freiheit für Ayhan Bilgen!

Sevim Dagdelen, Sprecherin für Abrüstungspolitik der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, erklärte zu der Repression gegen die HDP:

„In der Türkei werden führende Mitglieder der Oppositionspartei HDP festgenommen, darunter Bürgermeister und frühere Abgeordnete. Ihnen wird allen Ernstes vorgeworfen, 2014 gegen den Angriff der Terrormiliz IS auf Kobane protestiert und zum Schutz der Stadt im Norden Syriens aufgerufen zu haben. Aus ihrer Solidarität mit dem heldenhaften Widerstand in Kobane gegen die islamistischen Mörderbanden soll ihnen jetzt ein Strick gedreht werden. Absurder geht es gar nicht. Insgesamt sollen 82 Haftbefehle vollstreckt werden. Unter den bereits Verhafteten ist der Bürgermeister der Stadt Kars, Ayhan Bilgen, den ich persönlich kenne.

Die neuerliche Repressionswelle des Despoten Erdogan gegen die demokratische Opposition darf seitens der Bundesregierung und EU nicht unbeantwortet bleiben. Waffenlieferungen und Finanzhilfen für den Despoten müssen endlich gestoppt werden. Wer wie Erdogan mit Islamisten paktiert und Demokraten terrorisiert, darf von der EU auch nicht länger mit wirtschaftlichen Sonderkonditionen wie der Zollunion belohnt werden.

Freiheit für Ayhan Bilgen, Selahattin Demirtas und Figen Yüksekdag – und alle anderen eingekerkerten HDP-Politiker! Freiheit für alle politischen Gefangenen in der Türkei! Hoch die internationale Solidarität!“

DIE GRÜNEN: Rachefeldzug gegen Andersdenkende

Die Grünen-Vorsitzenden Claudia Roth und Cem Özdemir stellen fest, dass Präsident Erdogan mit der Festnahmewelle „seinen autokratischen Kurs und seinen Rachefeldzug gegen alle Andersdenkenden“ weiter fortsetzt. Weiter heißt es in der am Freitag veröffentlichten Erklärung:

„Erdogan geht es im Umgang mit seinen Kritikerinnen und Kritikern nicht um Justiz und Rechtsprechung, ihm geht es um die Unterdrückung und Ausschaltung jeglicher Kritik.

Die offizielle Begründung für die Festnahmen ist absurd und zeigt einmal mehr, dass Erdogan die Grundlagen der Rechtsstaatlichkeit in der Türkei mittlerweile nahezu komplett ausgehöhlt hat. Durch seine aggressive Außen- und Militärpolitik verschärft Erdogan derzeit die Spannungen im eigenen Land und in der gesamten Region und steht dadurch national wie international in der Kritik. Die Verhaftungen sind der verzweifelte Versuch, kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen und die wahnsinnige Idee eines Landes ohne Opposition zu realisieren.

Das darf Präsident Erdogan nicht gelingen. Die aktuellen Festnahmen müssen Anlass und Verpflichtung für Deutschland sein, Erdogans autokratischen Kurs und die Repression von Oppositionellen in der Türkei scharf zu verurteilen und die längst geforderten Sanktionen in der wirtschaftlichen und militärischen Zusammenarbeit endlich in die Tat umzusetzen. Unsere Solidarität gilt allen Verhafteten und der HDP, die trotz aller Repressionen die Fahne von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Vielfalt hochhält.“

Auch die Vorsitzenden der Linkspartei hatten bereits am Freitag ihre Solidarität bekundet. Die Deutschland-Vertretung der HDP hat am Samstag einen offenen Brief von Exilpolitiker*innen veröffentlicht, in dem zu ernstgemeinter Solidarität mit der demokratischen Opposition in der Türkei aufgerufen wird. Beschwichtigungspolitik, Wegschauen und verbale Lippenbekenntnisse nützten nur den Diktaturen.

Hintergrund

In sieben Provinzen der Türkei sind am Freitag in einer groß angelegten Polizeioperation zwanzig Politiker*innen der Demokratischen Partei der Völker (HDP) und weitere Aktivist*innen festgenommen worden. Nach weiteren 62 Personen wird gefahndet, 61 von ihnen sollen sich im Ausland aufhalten. Unter den Festgenommenen befinden sich hochrangige Parteimitglieder, darunter der Ko-Bürgermeister der nordkurdischen Stadt Qers (türk. Kars), Ayhan Bilgen, der Filmemacher, ehemalige Parlamentsabgeordnete und einstige Sprecher der Imrali-Delegation Sirri Süreyya Önder, der langjährige außenpolitische Sprecher Nazmi Gür, Politökonom und Journalist Alp Altınörs, die früheren Abgeordneten Ayla Akat Ata, Altan Tan und Emine Ayna sowie die ehemaligen Exekutivratsmitglieder Ali Ürküt, Gülfer Akkaya, Can Memiş, Beyza Üstün, Günay Kubilay, Dilek Yağlı, Berfin Köse, Bircan Yorulmaz, Cihan Erdal und Pervin Oduncu. Gleichzeitig ist ein Verfahren zur Aufhebung der parlamentarischen Immunität von sieben HDP-Abgeordneten eingeleitet worden.

Hintergrund ist ihre vermeintliche Beteiligung an Demonstrationen im Oktober 2014, als die HDP anlässlich des IS-Angriffs auf die Stadt Kobanê in Westkurdistan/Nordsyrien auch gegen die Unterstützung der türkischen Regierung für die dschihadistische Terrormiliz protestierte und Erdogan Kobanê bereits als gefallen erklärte.