In einem offenen Brief rufen Exilpolitikerinnen und -politiker der HDP zu ernstgemeinter Solidarität mit der demokratischen Opposition in der Türkei auf. Beschwichtigungspolitik, Wegschauen und verbale Lippenbekenntnisse nützten nur den Diktaturen.
Nach dem erneuten politischen Putsch in der Türkei fordern ehemalige Abgeordnete und Bürgermeister*innen der Demokratischen Partei der Völker (HDP) – viele von ihnen im Exil – in einem offenen Brief „ernsthafte und wirkungsvolle Solidarität” mit der gesamten demokratischen Opposition, insbesondere mit der HDP. Beschwichtigungspolitik, Wegschauen und verbale Lippenbekenntnisse schaden der Demokratie und nützen den Diktaturen, heißt es in dem von der HDP-Deutschlandvertretung veröffentlichten Schreiben:
Erneute demokratiefeindliche Aggression gegen die HDP
Mit einer erneuten Verhaftungswelle gegen 82 demokratisch legitimierte VertreterInnen der HDP (Demokratische Partei der Völker) versucht die ultranationalistische AKP/MHP-Regierung, ihre demokratiefeindliche Hegemonie zu konsolidieren.
Zu den Inhaftierten gehören dieses Mal mehrere ehemalige Abgeordnete, derzeit amtierende Vorstandmitglieder und Oberbürgermeister.
Seit ihrer Gründung ist die HDP zu einer zentralen und unverzichtbaren Figur in der demokratischen Opposition herangewachsen und kann bei den nächsten Wahlen bestimmen, wer die Regierung bilden wird. Sie ist für das autoritär-totalitäre Erdogan-Regime die größte Gefahr.
Deshalb versucht Erdogan, die HDP mit aller Kraft zu kriminalisieren und zu marginalisieren. Die HDP mit Abgeordneten aus allen religiösen und ethnischen Gesellschaftsgruppen im Parlament hält am demokratischen Pluralismus fest, sie weist eine emanzipative Tradition auf und ist für Erdogans Weltanschauung und Demokratieverständnis ein Dorn im Auge.
Der heute vorgeschobene Vorwand, die HDP hätte vor sechs Jahren zu gewaltsamen Protesten aufgerufen, entspricht nicht der Realität.
Vor sechs Jahren mordeten die barbarischen IS-Mitglieder auf bestialische Art und Weise Kurden und andere Volksgruppen im Nahen Osten, unter anderem in der Stadt Kobane im Norden Syriens, nahe der türkischen Grenze.
Die HDP hatte damals die Bevölkerung aufgerufen, von ihrem demokratischen Recht auf friedliche Proteste gegen die Gräueltaten des IS Gebrauch zu machen. Ab 2016 wurden einige Vorstandmitglieder der HDP diesbezüglich angeklagt und später freigesprochen, weil der Aufruf kein Vergehen darstellte.
Trotz des damaligen Freispruchs wurden all diese und viele weitere Parteifunktionäre heute wieder mit der gleichen Begründung wie damals festgenommen, und zwar unter Missachtung des nationalen und internationalen Rechts und vor den Augen der gesamten demokratischen, westlichen Welt. Für uns Unterzeichnende ist die äußerst mäßige Reaktion der demokratischen und internationalen Regierungen, Institutionen und Administrationen gegen derartige, systematisch auf Unterwanderung der Demokratie abzielende Handlungen unverständlich und irritierend.
Beschwichtigungspolitik, Wegschauen und verbale Lippenbekenntnisse schaden der Demokratie und nützen den Diktaturen.
Wir fordern ernsthafte und wirkungsvolle Solidarität mit der gesamten demokratischen Opposition in der Türkei, insbesondere mit der HDP!
Vertretung der Demokratischen Partei der Völker in Deutschland e.V.
Unterzeichnende:
