Buldan: Die HDP wird sich niemals in die Knie zwingen lassen
Die HDP-Vorsitzende Pervin Buldan hat auf einer Pressekonferenz in Ankara über die gestrigen Festnahmen informiert und angekündigt, dass sich die HDP nicht in die Knie zwingen lässt.
Die HDP-Vorsitzende Pervin Buldan hat auf einer Pressekonferenz in Ankara über die gestrigen Festnahmen informiert und angekündigt, dass sich die HDP nicht in die Knie zwingen lässt.
Pervin Buldan, Ko-Vorsitzende der Demokratischen Partei der Völker (HDP), hat auf einer Pressekonferenz in der Parteizentrale in Ankara über die Festnahmen am Vortag informiert. Der zentrale Exekutivrat der HDP ist am Freitagabend zu einer Dringlichkeitssitzung zusammengetroffen, um über den politischen Vernichtungsfeldzug und das weitere Vorgehen zu beraten.
Wie Pervin Buldan mitteilte, sind alle Betroffenen direkt nach der Festnahme nach Ankara gebracht worden. Die Parteivorsitzende bezeichnete die Festnahmewelle als politischen Rachefeldzug und bedankte sich für alle Solidaritätsbekundungen, die bei der HDP eingegangen sind.
„Unsere ehemaligen Parteivorsitzenden Selahattin Demirtaş und Figen Yüksekdağ und zahlreiche weitere Abgeordnete sowie Bürgermeisterinnen und Bürgermeister befinden sich seit vier Jahren im Gefängnis. Seit ihrer Verhaftung sind die politischen Vernichtungsoperationen ununterbrochen fortgesetzt worden. Es wurde versucht, alle Errungenschaften der Kurden und der HDP rückgängig zu machen. Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sind verhaftet worden, in den Rathäusern wurden staatliche Zwangsverwalter eingesetzt. Jeden Tag finden weitere Operationen statt. Mit den Festnahmen regionaler und lokaler Vorstandsmitglieder unserer Partei wird versucht, sie von der politischen Arbeit fernzuhalten. Bei dem gestrigen Vorgehen handelt es sich also nicht um eine neue Operation, sondern um eine Fortsetzung der politischen Putschversuche der AKP“, sagte Pervin Buldan auf der Pressekonferenz.
Die Absicht hinter den Festnahmen
Ein Blick auf die Namensliste der Betroffenen zeige, in welcher Absicht sie festgenommen worden seien: „Bei allen Festgenommenen handelt es sich um Kolleginnen und Kollegen, die für Frieden, Demokratie und Freiheiten in diesem Land kämpfen. Ayhan Bilgen ist in Qers [türk. Kars] gewählt worden und hat kein anderes Verbrechen begangen, als der dortigen Bevölkerung zu dienen. Sirri Süreyya Önder ist ein Kollege, der persönlich am Friedens- und Verhandlungsprozess teilgenommen und zum Frieden in diesem Land beigetragen hat. Ayla Akat Ata hat einzig und allein Frauenarbeit geleistet und der Frauenkampf ist kein Verbrechen. Altan Tan war Abgeordneter, Emine Ayna war Ko-Vorsitzende der DBP, Nazmi Gür, Ali Ürküt und Beyza Üstün sind Mitglieder unserer Partei, Alp Altınörs ist Mitglied unseres Exekutivrates. Sie haben nichts anderes getan, als für Demokratie und Frieden zu kämpfen. Alle Festgenommenen müssen sofort freigelassen werden.“
In der Türkei werde das Rechtssystem mit Füßen getreten, die Festnahmen seien ein Dolchstoß für die Demokratie, fuhr Pervin Buldan fort. Die AKP versuche von ihrer Regierungsunfähigkeit abzulenken und betrachte die HDP als leichte Beute. Die Regierung werde weder mit der Wirtschaftskrise noch mit der Pandemie fertig. Da auch ihre Kriegspolitik nicht aufgehe, versuche sie unentwegt, mit einer neuen Agenda die eigene Unfähigkeit zu vertuschen. Insofern richte sich die jüngste Operation auch nicht nur gegen die HDP, sondern gegen das Wohl der Bevölkerung der Türkei.
Kobanê-Proteste: Aufstand gegen die Barbarei
Hintergrund der Festnahmen sind die Demonstrationen im Oktober 2014, als die HDP anlässlich des IS-Angriffs auf Kobanê in Westkurdistan/Nordsyrien auch gegen die Unterstützung der türkischen Regierung für die dschihadistische Terrormiliz protestierte und Erdogan Kobanê bereits als gefallen erklärte. Dazu erklärte Pervin Buldan, es habe sich um einen Protest der Völker der Türkei gegen die Barbarei des IS gehandelt. Von den 53 Menschen, die dabei ums Leben gekommen sind, seien 47 HDP-Mitglieder gewesen. Damals seien keine Ermittlungen eingeleitet und die Namen der Toten niemals erwähnt worden. Die HDP habe etliche Male parlamentarische Anfragen zu den Vorfällen gestellt und vergeblich einen Untersuchungsausschuss gefordert.
Die HDP werde auch sechs Jahre später damit fortfahren, die Bevölkerung der Türkei über den wirklichen Sachverhalt aufzuklären, so Pervin Buldan: „Als Kurden, Frauen und Oppositionelle kennen wir die Unterdrückung aus der Vergangenheit. Wir haben die Zeiten von Kenan Evren und Tansu Çiller miterlebt. Wer glaubt, dass die Kurden erstmalig gewalttätig unterdrückt werden, muss wissen, dass wir seit Jahren damit konfrontiert sind und uns niemals gebeugt haben. Als politische Partei lassen wir uns von Intrigen und Lügen nicht unterkriegen. Auch unsere Parteibasis lässt sich von Lügen nicht in die Irre führen. Über sechs Millionen Menschen haben uns gewählt und damit Hoffnung aufkommen lassen.“
Zuletzt erklärte die HDP-Vorsitzende Pervin Buldan, dass die gesamte Opposition Mittel und Wege finden müsse, um geschlossen gegen das AKP-Regime vorzugehen: „Ich möchte an dieser Stelle meine Überzeugung zum Ausdruck bringen, dass die Völker der Türkei gemeinsam siegen werden. Wir werden gewinnen, daran sollte nicht gezweifelt werden. Die künftigen Gewinner dieses Prozesses werden die heute Unterdrückten sein. Die HDP wird sich niemals in die Knie zwingen lassen.“