Morddrohungen gegen feministische Autorin

Die feministische Autorin Gülfer Akkaya bekommt Morddrohungen über die sozialen Medien. Sie ist kein Einzelfall. Die Verfasser der Drohnachrichten nennen sich „JITEM“ oder „Codename Yeşil“ nach einem Auftragsmörder des türkischen Staates.

Die Morddrohungen durch rassistische und faschistische Gruppen, die von der türkischen Regierung unterstützt werden, gehen weiter. Jetzt ist die feministische Autorin Gülfer Akkaya mit den Drohungen gegen sie an die Öffentlichkeit gegangen. Sie hat Nachrichten wie „Der Tod wird dich finden, Jitem“ von einem Instagram-Account mit dem Namen „JITEM.turkey / Kod adım Yeşil“ (Mein Codename ist Yeşil) bekommen. JITEM ist die Bezeichnung für den informellen Geheimdienst der türkischen Militärpolizei, der für mindestens vier Fünftel der unaufgeklärten Morde in Nordkurdistan verantwortlich ist. Seine Existenz wurde vom Staat jahrelang geleugnet. „Yeşil“, mit richtigem Namen Mahmut Yıldırım, war ein Auftragsmörder des „tiefen Staats“.

Gülfer Akkaya hat Anzeige gegen unbekannt gestellt. Im ANF-Interview äußert sie sich zu den Hintergründen.

Wann haben Sie die Drohnachrichten bekommen?

Angefangen hat es am 31. Mai um 14.15 Uhr. Es kommen immer noch weitere Nachrichten.

Haben Sie bereits früher solche Kurznachrichten bekommen?

Wer hat das nicht? Ja, habe ich.

Wie nutzen Sie im Allgemeinen Ihre Accounts in den sozialen Medien?

Ich teile Nachrichten, Lieder, Sprichwörter, Karikaturen, von mir aufgenommene Fotos oder Fotos von mir selbst mit Kommentaren zu aktuellen Ereignissen. Ich bin Autorin und habe Bücher herausgegeben, außerdem schreibe ich regelmäßig für verschiedene Medien, auch diese Texte teile ich. Oder Bilder von Aktionen, an denen ich teilgenommen habe. Ich teile alles, wozu ich Lust haben. Meine Accounts spiegeln wider, was ich bin.

Wie bewerten Sie die Todesdrohungen gegen Menschen in den sozialen Medien?

Ich denke, dass es weder Einzel- noch Zufälle sind. Es gibt dabei eine gemeinsame Sprache und Symbole, die Namen der Accounts ähneln sich. Es spricht ja jeder davon, dass alles mit Trollen verstopft ist. Aber sie werden von denen, die sie benutzen, früher oder später fallengelassen. Derjenige, der Rakel Dink bedroht hat, ist gefasst und ins Gefängnis gesteckt worden. So sieht das Ende von solchen Personen aus. Schließlich begehen sie Straftaten.

Was macht diese Situation mit Ihnen?

Nicht viel. Sie kostet mich Zeit. Ich persönlich und ganz allgemein alle Menschen, die für etwas kämpfen, haben viel zu tun. Das Parlament ist wieder eröffnet worden. Die Regierung will zwölfjährige Kinder verheiraten, dagegen kämpfen feministische Organisationen und Fraueneinrichtungen. Gleichzeitig bemühen wir uns darum, dass Artikel 6284 der Istanbuler Konvention gegen Männergewalt Anwendung findet. Wir beschäftigen uns mit den Problemen alevitischer Frauen und wollen sie zusammenbringen. Während es also all diese Dinge zu tun gibt, müssen wir uns mit Drohungen befassen. Das haben wir getan, weil diese Form von Angriffen in der letzten Zeit überhandgenommen haben und zentral gesteuert werden. Und die Regierung tut so, als ob es sie nicht gäbe. Ich möchte ein weiteres Mal das Innenministerium und die Regierung fragen, warum sie dazu schweigen. Können sie uns nicht hören? Kann das sein?

Und was sagen Sie dazu, dass es einen Account mit dem Namen „JITEM“ gibt?

Es gibt nicht nur einen, sondern viele. Die Menschen sollen eingeschüchtert und zum Schweigen gebracht werden. Dafür gibt es viele verschiedene Accounts, die viele Menschen zeitgleich auf die Zielscheibe setzen.

Die Hrant-Dink-Stiftung hat eine Drohung per Email erhalten. Der JITEM hat in den 1990er Jahren viele Menschen ermordet, jetzt wird dieser Begriff für Morddrohungen verwendet. Woher nehmen diese Leute den Mut? Wer gibt ihnen Rückhalt?

Ich habe ja bereits erklärt, dass es sich nicht um Einzelfälle handelt. Diese Accounts werden von den polarisierenden Verlautbarungen der Regierung ermutigt. Andernfalls wären die Urheber schon längst ermittelt und bestraft worden.