KCK verurteilt Auslieferung von HPG-Kämpfern durch Armenien

Die KCK zeigt sich entsetzt über die Auslieferung von zwei HPG-Kämpfern aus Armenien an die Türkei und bezeichnet den Vorgang als „Verrat“. Von der Paschinjan-Regierung fordert der Dachverband der kurdischen Bewegung umgehend eine Entschuldigung.

Die Auslieferung von zwei HPG-Kämpfern aus Armenien an die Türkei sorgt bei der kurdischen Gesellschaft für Empörung und Kritik. Der Dachverband der kurdischen Bewegung, die Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistan (KCK), zeigte sich entsetzt und bezeichnete den Vorgang als „Verrat“ und Ausdruck des „kollaborierenden Charakters“ der Regierung von Nikol Paschinjan. Gerade im Hinblick auf die Rolle des türkischen Staates bei der aserbaidschanischen Aggression gegen Armenien und die Besetzung seiner Territorien sei es „äußerst bezeichnend“, zwei kurdische Revolutionäre, die für die Freiheit des kurdischen Volkes kämpften, an Ankara auszuliefern.

Bei den beiden Guerillakämpfern handelt es sich um Atilla Çiçek (Leheng) und Hüseyin Yıldırım (Alişer). Nach Informationen der HPG (Volksverteidigungskräfte) seien sie bereits im vergangenen Jahr im Grenzgebiet zu Armenien auf „Kräfte des armenischen Staates“ gestoßen und festgenommen worden – „trotz eines besonnenen Verhaltens, um jegliche negative Situation zu vermeiden“, erklärten die HPG. In Armenien wurden sie dann verhaftet und angeklagt, ein Berufungsgericht sprach die Kämpfer im Februar frei. Nach internationalem und armenischem Recht hätten sie auf freien Fuß gesetzt werden müssen. „Stattdessen wurden sie vom armenischen Geheimdienst verschleppt und festgehalten. Obwohl nach unternommenen Initiativen ihre Freilassung zugesagt wurde, sind sie vor ungefähr einem Monat von Armenien an die Türkei ausgeliefert worden“, teilten die HPG am Samstag mit.

Atilla Çiçek (l.) und Hüseyin Yıldırım © HPG

Damit widersprachen die HPG der Führung in Ankara, die die Auslieferung von Atilla Çiçek und Hüseyin Yıldırım als eine „erfolgreiche Auslandsoperation“ des türkischen Geheimdienstes (MIT) gefeiert hatte. „Mit dieser Falschmeldung wurde schlichtweg versucht, den Verrat der armenischen Regierung zu verbergen“, betont die KCK-Spitze. Der ganze Vorgang entlarve die kollaborierende Haltung der Paschinjan-Regierung in Jerewan, die offensichtlich auf Zugeständnisse eines genozidalen und kolonialistischen Staates und dessen faschistischer Führung hoffe. „Als kurdische Freiheitsbewegung verurteilen wir die Regierung Paschinjan für diesen verräterischen Akt auf das Schärfste“, so die KCK.

Die Auslieferung der beiden Guerillakämpfer habe auch die Kritik der armenischen Opposition bestätigt, die dem Regierungschef der Kaukasusrepublik im Hinblick auf die aserbaidschanische Aggression Landesverrat vorwerfen. Schon beim Angriffskrieg auf Berg-Karabach war Paschinjan vorgeworfen worden, die Region komplett an Aserbaidschan abtreten zu wollen. Auch nach den jüngsten Angriffen Aserbaidschans und der Besetzung armenischen Territoriums kritisierte die Opposition, dass Paschinjan zu allzu großen Zugeständnissen bereit sei.

„Dass die Auslieferung unserer beiden Freunde, die in revolutionärer Mission im Einsatz waren, gerade in einer Phase wie dieser stattgefunden hat, stellt daher auch einen Verrat am Kampf des armenischen Volkes dar“, unterstreicht die KCK. „Wir geben diese Erklärung vor allem ab, damit das armenische Volk die Realität der Paschinjan-Regierung deutlich erkennt und die demokratische Öffentlichkeit Kurdistans richtig informiert wird. Die Auslieferung dieser beiden Freunde an den türkischen Staat zeigt, dass Nikol Paschinjan die Sache der Völker verrät. Es ist inakzeptabel, dass der Regierungschef Armeniens, dessen Volk Opfer eines unvergleichlichen und in seiner vollen Dimension kaum vorstellbarbaren Vernichtungswillens und Genozids wurde, mit dem mordenden türkischen Staat paktiert. Wir rufen alle Freundinnen und Freunde, insbesondere die armenische Gesellschaft, auf, Stellung gegen diesen Verrat zu beziehen. Wir sind fest davon überzeugt, dass das armenische Volk die notwendige Haltung gegenüber der Paschinjan-Regierung einnehmen und sie zur Rechenschaft ziehen wird.“

Der Freiheitskampf Kurdistans habe nicht lediglich die Befreiung des kurdischen Volkes zum Ziel, betont die KCK abschließend. Es gehe um ein freies Leben für alle Nationen in der Region, deren Existenz durch den türkischen Faschismus gefährdet ist. „Das kurdische Volk betrachtet die armenische Nation als ein befreundetes Volk und ihr Land als eine gemeinsame Heimat. Auf der Grundlage dieser Gefühle begegnen Kurdinnen und Kurden dem armenischen Volk und unterstützen seine Anliegen. Sowohl das armenische als auch das kurdische Volk sind sich dessen sehr bewusst, und beide Völker empfinden positive Gefühle füreinander. Die Handlungen der Kollaborateure werden die Geschwisterlichkeit und die Partnerschaft im Kampf beider Völker nicht beeinträchtigen. Im Gegenteil, diese Haltungen werden es dem kurdischen und dem armenischen Volk ermöglichen, gemeinsame Kämpfe zu verstärken. Die Paschinjan-Regierung fügt der Sache Armeniens und seinem Kampf um seine Existenz großen Schaden zu. Man kann nur ehrenhaft sein und richtig leben, wenn man Widerstand leistet, Kollaboration bedeutet Verrat. Die kurdische Freiheitsbewegung fordert die Paschinjan-Regierung daher auf, ihre zum Nachteil der Völker geführten Beziehungen zum türkischen Staat aufzugeben und sich bei den armenischen und kurdischen Gesellschaften für die Auslieferung unserer Revolutionäre zu entschuldigen.“