Am Morgen des 1. November 2021 starb Georgios Zantiotis nach seiner Festnahme in einer Zelle des Wuppertaler Landgerichts. Fast ein Jahr danach fand am Dienstag im Forum in Wuppertal-Elberfeld eine Informationsveranstaltung zum Tod von Zantiotis statt, bei der die Angehörigen, der Anwalt der Familie und Vertreter:innen der KARAWANE über das, was nach seinem Tod passierte, berichteten.
„Unser Vertrauen in das System ist gebrochen.“
Eröffnet wurde die Veranstaltung durch Maria, der Schwester des Ermordeten. Der Schmerz, Verlust aber auch Kampfesstärke war im Raum deutlich zu spüren. Sie betonte, welchen Verlust Georgios für sie und ihre Familie darstellt und gab ihre Erfahrungen in dem Jahr mit der Täter-Opfer-Umkehr Seitens der Polizei und Behörden wieder. „Georgios Tod soll nicht umsonst gewesen sein, deshalb werden wir uns durch alle Instanzen kämpfen, unser Vertrauen in das System ist gebrochen. Es soll keine weiteren Georgios mehr geben,“ sagte sie.
Gerichte und Staatsanwaltschaft weigern sich, Polizeigewalt zu untersuchen
Laut dem Anwalt liegt die Akte gerade beim Oberlandesgericht Düsseldorf. Es würde ihn jedoch sehr wundern, wenn ein Verfahren eröffnet werden sollte, da es nur in einem sehr geringen Prozentsatz Seitens der Gerichte und Staatsanwaltschaften zu einem Prozess gegen Polizeibeamte kommt. Unangenehme Akten werden einfach geschlossen.
Weiter berichtete er über den Inhalt der Akte, die Verhaftung und den Verhaftungsgrund und betonte, dass es mittlerweile Polizeistandard in Deutschland ist, Blutabnahmen und Festnahmen unter Gewalt und Zwang zu machen.
Auffällig in der Akte sei auch, dass zunächst durch die Polizei ein Rettungswagen angefordert, er allerdings noch vor der Ankunft wieder abbestellt worden ist.
Georgios starb durch die Polizeigewalt
Nach der ersten Autopsie war es ziemlich unklar, woran Gergios gestorben ist, da keine tödlichen Verletzungen festzustellen waren. Erst das zweite, unabhängige Gutachten, welches von der Schwester in die Wege geleitet wurde, brachte mehr Einsicht: Georgios sei an einem klassischen Gewahrsamstod gestorben.
Laut Gutachter gibt es dafür sechs Risikofaktoren, diese sind Übergewicht, Aufputschmittel/Alkohol/Drogen, Konfliktsituation, Fixierung auf dem Bauch liegend mit auf den Rücken gedrehten Armen, das Drücken des Knies auf den Rücken des Opfers.
Polizeibeamte wissen genau, was sie tun
Oft werde angenommen, die Beamten wüssten nicht, dass diese Methode der Fixierung potentiell tödlich ist. Das sei jedoch weit gefehlt, da es ein Teil der Ausbildungsinhalte von Polizisten sei und eigentlich vermieden werden soll.
Dass diese Methode in der letzten Zeit immer häufiger Anwendung im Polizeialltag findet, bedeutet, dass Polizisten billigend den Tod von Verdächtigen in Kauf nehmen. So starb zum Beispiel im März 2021 ein junger Kurde in Delmenhorst, nachdem er von den Polizeibeamten zunächst mit Pfefferspray angegriffen und danach wie oben beschrieben in Bauchlage mit einem Knie im Rücken fixiert worden war. Über die Dunkelziffer des klassischen Gewahrsamtods sei nichts bekannt, so der Anwalt der Familie.
Polizeigewalt filmen, dokumentieren, öffentlich machen
Alle Anwesenden waren sich einig darüber, wie wichtig es ist, bei Polizeieinsätzen das Verhalten der Polizei zu filmen und das Videomaterial zu veröffentlichen. Meistens hat nur dadurch die Wahrheit eine Chance, da in den allermeisten Fällen Polizeibericht und Videomaterial nicht identisch sind. Auch sei es wichtig, die Fälle deutschlandweit zu erfassen und die Kämpfe um Gerechtigkeit für die Ermordeten zusammenzuführen.
Aufruf zur Gedenkdemonstration
Zum Abschluss riefen die Veranstalter:innen zur Gedenkdemonstration für Georgios Zantiotis am kommenden Dienstag, den 1. November, auf. Die Demonstration beginnt um 16.00 Uhr am „Wupperfelder Markt“ in Wuppertal-Oberbarmen.