„Gekämpft und gewonnen": Gergerlioğlu ist wieder Abgeordneter

Der HDP-Politiker Ömer Faruk Gergerlioğlu hat sein parlamentarisches Mandat zurückerhalten. „Wir haben Widerstand geleistet und gewonnen“, erklärt der Abgeordnete, der Anfang Juli aus dem Gefängnis entlassen wurde.

Mit der heutigen Verlesung des Gerichtsurteils zur Rechtswidrigkeit des Mandatentzugs von Ömer Faruk Gergerlioğlu im türkischen Parlament ist der HDP-Politiker wieder offiziell als Abgeordneter anerkannt. Dem Arzt und Menschenrechtler war am 17. März aufgrund einer rechtskräftigen Verurteilung wegen „Terrorvorwürfen“ das parlamentarische Mandat entzogen worden. Er wurde gewaltsam von der Polizei aus dem Parlament geholt und Anfang April in seiner Wohnung verhaftet. Gergerlioğlu klagte vor dem türkischen Verfassungsgerichtshof gegen den Entzug seines Abgeordnetenmandats und gewann. Nach fast dreimonatiger Haft wurde er am 6. Juli entlassen und beantragte beim Parlamentspräsidium die erneute Anerkennung als Abgeordneter.

Gergerlioğlu erklärte gegenüber ANF: „Wir haben Widerstand geleistet und gewonnen.“ Er erinnerte daran, dass ihm das parlamentarische Mandant aufgrund einer rechtskräftig gewordenen Verurteilung wegen eines Tweets entzogen worden war, den er 2016 gegen den Krieg gepostet hatte. „Die Urteile des Kassationsgerichts dauern normalerweise ein paar Jahre, aber bei meinem Urteil ging die Prozedur sehr schnell, weil ich die Leibesvisitationen und Menschenrechtsverletzungen an allen gesellschaftlichen Gruppen auf die Tagesordnung des Landes gebracht habe. Es ist keine Straftat, Frieden zu fordern. Mit dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs ist belegt worden, dass es dabei um Meinungsfreiheit geht. Es handelt sich um Präzedenzurteil, nicht nur für mich, auch für die Akademikerinnen und Akademiker, die den Friedensaufruf unterschrieben haben. Schließlich hat das Verfassungsgericht klargestellt, dass die Forderung nach Frieden keine Straftat ist.“

Gergerlioğlu, der von Beruf eigentlich Arzt und Spezialist für Lungenkrankheiten ist, wies darauf hin, dass nach dem versuchten Militärputsch von 2016 Tausende Menschen über Dekrete aus dem öffentlichen Dienst entlassen worden sind, darunter auch er selbst: „Aber dann hat meine Partei mir vorgeschlagen, als Abgeordneter zu kandidieren. Seitdem habe ich mich bemüht, alle Stimmen ins Parlament zu tragen, so auch die der Uiguren. Das ist der MHP unangenehm, weil sie zwar von der gleichen Abstammung spricht, aber die Unterdrückung ignoriert. Als Bahçeli während meiner Mahnwache im Parlament gefordert hat, mich hinauszuwerfen, bin ich in aller Eile herausgeholt und verhaftet worden. Am selben Tag, als mir das Abgeordnetenmandat entzogen wurde, ist im Vorfeld des MHP-Kongresses das Verbotsverfahren gegen die HDP eingeleitet worden. Das war ein Geschenk für den MHP-Kongress. So wie die Studierenden und Lehrenden an der Boğaziçi-Universität gekämpft haben, haben auch wir Widerstand geleistet und gewonnen.“