Gedenkmarsch: 24 Personen die Ausreise nach Frankreich untersagt

Im Zusammenhang mit dem Gedenkmarsch in Paris untersagte die Bundespolizei insgesamt 24 Personen die Ausreise. Gökay Akbulut sieht darin ein Einknicken gegenüber Forderungen aus der Türkei, die jegliches Engagement für kurdische Interesse verhindern wolle

Im Zusammenhang mit dem Gedenkmarsch am 7. Januar in Paris untersagte die Bundespolizei insgesamt 24 Personen die Ausreise. Das geht aus der Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine entsprechende Anfrage der Bundestagsabgeordneten Gökay Akbulut (Die Linke) hervor. Dabei ist die Zahl der durch Landesbehörden verweigerten Ausreisen nicht inbegriffen.

Bei den 24 Betroffenen handelt es sich um deutsche Staatsangehörige, die an der Großdemonstration anlässlich des zehnten Todestages von Sakine Cansız, Fidan Doğan und Leyla Şaylemez teilnehmen wollten. Die drei kurdischen Revolutionärinnen waren am 9. Januar 2013 von einem Attentäter des türkischen Geheimdienstes im „Kurdistan Informationszentrum“ (Centre d‘Information du Kurdistan) ermordet worden. Mit dem Gedenkmarsch wurde auch der drei Todesopfer des Anschlags auf das Ahmet-Kaya-Kulturzentrum - Emine Kara, Mehmet Şirin Aydın und Abdurrahman Kızıl - kurz vor Weihnachten ebenfalls in Paris erinnert.

Die Ausreiseverbote wurden von der Grenzpolizei damit begründet, dass durch die Teilnahme von deutschen Staatsangehörigen an Veranstaltungen von verbotenen Organisationen eine „Ansehensschädigung“ der Bundesrepublik zu befürchten sei. Sie könnten ein „nicht unerhebliches Aggressionspotential“ aufweisen und darüber hinaus die „Möglichkeit einer weiteren Vernetzung“ bekommen sowie „verbotenes Propagandamaterial“ erwerben. „Zudem bieten entsprechende Veranstaltungen die Möglichkeit, öffentlichkeitswirksam, entgegen bestehender Verbote aufzutreten“, heißt es in den Verbotsverfügungen der Bundespolizei.

„Absolut unverhältnismäßig“ bezeichnete Akbulut das Ausreiseverbot gegen die 24 Deutschen. „Warum die Teilnahme an so einer Gedenkveranstaltung das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigen soll, wie die Bundespolizei offenbar argumentierte, kann ich in keiner Weise nachvollziehen“, äußerte die Linken-Politikerin gegenüber „Frankfurter Rundschau“. Es sei erschreckend zu sehen, wie leichtfertig manchmal Behörden Bürgerrechte einschränkten.

Akbulut sieht in den Ausreiseverboten ein Einknicken gegenüber Forderungen aus der Türkei, die jegliches Engagement für kurdische Interessen verhindern wolle. „Es sollte Aufgabe von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) als Verfassungsministerin und oberste Dienstherrin der Bundespolizei sein, Grundrechte auch von kurdischstämmigen Bürgerinnen und Bürgern zu verteidigen - trotz gegenteiliger Forderungen der türkischen Regierung“, so Akbulut gegenüber der Zeitung.

Faeser hatte im vergangenen November ihren türkischen Amtskollegen Süleyman Soylu in Ankara getroffen, um über eine enge deutsch-türkische Zusammenarbeit in Bereichen der inneren Sicherheit zu sprechen. Das Thema „Bekämpfung der PKK“ war zentraler Gegenstand der Gespräche. Soylu gilt als rassistisch-nationalistischer Hardliner im Kabinett von Recep Tayyip Erdogan und steht vor allem für eine repressive Politik gegenüber Kurdinnen und Kurden.

In den vergangenen Monaten und Jahren wurden zahlreiche kritische Politiker:innen und Aktive der Zivilgesellschaft von Soylu bedroht - teils mit dem Tod - und waren Diffamierungskampagnen ausgesetzt. Investigative Medienschaffende werten ihn als „Rückgrat des tiefen Staates“, das tief mit der Mafia verbandelt und in zahlreiche Drogengeschäfte und Schmiergeldskandale verwickelt sei. Die Abgeordneten und Mitglieder der Demokratischen Partei der Völker (HDP) bezeichnet der türkische Innenminister pauschal als „Terroristen“.