Am 4. November 2022 wurde einer 18-jährigen deutschen Staatsbürgerin durch die Stadt Oberhausen der Reisepass entzogen und die Aushändigung und der Besitz des Personalausweises versagt. Begründet wurde dieses Vorgehen mit ihrem Engagement im kurdischen Gemeindezentrum Duisburg. Die Stadt Oberhausen interpretierte ihr Engagement als Tätigkeit für die PKK. Eine Reise zu Verwandten nach Istanbul wurde von der Stadt Oberhausen in eine „Teilnahme an einen militärischen Ausbildungscamp der PKK“ umgedeutet. Auf Grundlage von Mitteilungen von „Sicherheitsbehörden“ bestehe die „begründete Vermutung“, dass sie sich der Guerilla anschließen wolle. Daher gefährde eine Ausreise „erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland“ im Sinne des Passgesetzes. Ähnliche Fälle betrafen Delegationen nach Rojava und immer wieder Aktivist:innen, die in den Kontext der kurdischen Freiheitsbewegung eingeordnet wurden.
Rapider Anstieg der Ausreiseverweigerungen
Das Vorgehen der Behörden in Oberhausen erinnert an das Vorgehen des türkischen Staates. Dieser Vorgang brachte die Bundestagsabgeordnete Gökay Akbulut (DIE LINKE) dazu, eine Kleine Anfrage zur Verweigerung von Ausreisen zu stellen. Aus der Antwort der Bundesregierung geht hervor, dass zwischen 2018 und 2022 insgesamt 131 deutschen Staatsangehörigen die Ausreise verweigert wurde. Die Zahl stieg zwischen 2018 und 2022 von drei Personen auf 66 Personen im Jahr. Grundlage der Ausreiseverweigerungen sind europäische Datenbanken wie das Schengener Informationssystem.
Die Zahlen der Bundesregierung erscheinen allerdings unvollständig. So wurde 2021 beispielsweise 17 Teilnehmer:innen einer Delegation die Ausreise nach Südkurdistan verweigert. Diese Zahl alleine übersteigt jedoch bereits die von der Bundesregierung mit 14 Personen für das Jahr 2021 angegebene Anzahl der Ausreiseverweigerungen.
Akbulut: „Bundesregierung kuscht vor Erdoğan“
Die Bundestagsabgeordnete Gökay Akbulut äußert sich gegenüber der Frankfurter Rundschau mit den Worten: „Es ist für mich erschreckend zu sehen, wie schnell manchmal Grundrechte eingeschränkt werden, wenn es um Menschen geht, die sich für die Rechte von Kurdinnen und Kurden einsetzen. Oftmals habe ich leider den Eindruck, dass die Bundesregierung vor dem türkischen Staatspräsidenten Erdogan kuscht.“