Ezidischer Frauenrat zeigt Bundesregierung an
Der Dachverband des Ezidischen Frauenrats wirft der Bundesregierung Strafvereitelung vor, weil sie nicht gegen deutsche IS-Anhänger, die in Nordsyrien in Haft sitzen, vorgeht.
Der Dachverband des Ezidischen Frauenrats wirft der Bundesregierung Strafvereitelung vor, weil sie nicht gegen deutsche IS-Anhänger, die in Nordsyrien in Haft sitzen, vorgeht.
Der Dachverband des Ezidischen Frauenrats hat Strafanzeige gegen Justizministerin Katarina Barley und Innenminister Horst Seehofer wegen Strafvereitelung im Amt gestellt. Die Ezidinnen werfen der Bundesregierung Untätigkeit in Bezug auf die deutschen Mitglieder der Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat” (IS) vor, die sich derzeit in Nordsyrien in Gefangenschaft befinden.
Die Debatte um eine Rückführung ausländischer IS-Anhänger, die in nordsyrischer Gefangenschaft sind, wurde von kurdischer Seite im vergangenen Oktober losgetreten. Vertreter der Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien haben auch Deutschland mehrfach dazu aufgefordert, ihre Staatsangehörigen zurückzunehmen, um eine wirksame Strafverfolgung zu gewährleisten. Den deutschen Behörden wurde außerdem angeboten, umfangreiches Belastungsmaterial gegen die inhaftierten IS-Mitglieder zur Verfügung zu stellen. Doch die Bundesregierung leugne diese Kontakte und weigere sich, eine Rückholung der Terrorverdächtigen einzuleiten. Eine solche „Unterlassung” sei als „Straftatbestand der Strafvereitelung” zu werten, heißt es in der Anzeige des ezidischen Dachverbands, der vom Frankfurter Strafverteidiger Berthold Fresenius juristisch vertreten wird.
Laut Berthold Fresenius hat der Generalbundesanwalt gegen 22 der sich in Gewahrsam der nordostsyrischen Selbstverwaltung befindlichen deutschen Staatsangehörigen Ermittlungsverfahren eingeleitet, weil sie als Mitglieder der Terrormiliz „IS” an Kriegsverbrechen gegen die ezidische Bevölkerung beteiligt gewesen sein sollen. Gegen 16 dieser Personen liegen Haftbefehle vor. „Durch die Verweigerung der Überstellung der im Gewahrsam der Selbstverwaltung in Nord- und Ostsyrien befindlichen deutschen Staatsbürger zur Strafverfolgung wird im Ergebnis die Bestrafung wenn nicht vereitelt, so jedenfalls erheblich verzögert. Insbesondere die Bundesjustizministerin im Rahmen ihres Weisungsrechts gegenüber den Strafverfolgungsbehörden, als auch der Bundesinnenminister im Rahmen seiner Dienstaufsicht über die Polizei sind dazu berufen, an der Strafverfolgung mitzuwirken, sagt Rechtsanwalt Berthold Fresenius.
Die Bundesregierung beruft sich zum Thema der Rückführung deutscher Islamisten auch weiterhin auf rechtliche Schwierigkeiten. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) betonte im Februar, wie „außerordentlich schwierig Rückholungen zu realisieren" seien. Man habe „im Moment wenig Möglichkeit, in Syrien zu überprüfen, ob tatsächlich deutsche Staatsangehörige betroffen sind“, behauptete Maas trotz der Tatsache, dass der BND regelmäßig gefangene IS-Mitglieder in Nordsyrien befragt.
Die Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien fordert seit Monaten die Herkunftsländer der gefangenen IS-Dschihadisten zur Rückführung auf. Im Herbst wurde eine Anzahl von ca. 800 ausländischen IS-Gefangenen in Nordsyrien genannt, dazu kamen weit über tausend Frauen und Kinder. Mit dem militärischen Sieg über den „IS” befinden sich 11.000 IS-Dschihadisten sowie 72.000 Frauen und Kinder von IS-Dschihadisten in den selbstverwalteten Gebieten. Die meisten stammen nicht aus Syrien und stellen weiterhin ein erhebliches Gefahrenpotential dar. Doch die Heimatländer reagieren nur zaghaft auf die Forderung einer Rückholung ihrer Staatsangehörigen. In Nord- und Ostsyrien wird deshalb an der Einrichtung eines internationalen Gerichthofs gearbeitet. Ein sechsköpfiges Jurist*innenkomitee wurde gegründet, um die Gerichtsverfahren gegen die Tausenden von den QSD gefangengenommenen IS-Dschihadisten vorzubereiten.