Rojava: Richtlinien für internationalen Gerichtshof

In Nord- und Ostsyrien wurde ein sechsköpfiges juristisches Komitee gegründet, um die Verfahren gegen die Tausenden inhaftierten IS-Dschihadisten vorzubereiten. Das Komitee hat acht Punkte zum Aufbau eines internationalen Gerichtshofs dargelegt.

Die Vorbereitungen auf Gerichtsverfahren gegen die Tausenden von den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) gefangengenommenen IS-Dschihadisten laufen. Während an der Einrichtung eines internationalen Gerichthofs gearbeitet wird, hat sich in der Föderation Nord- und Ostsyrien ein sechsköpfiges Juristenkomitee gegründet, um die Verfahren vorzubereiten.

Volksverteidigungsgerichte

Mit der Revolution in Rojava, die auf Nord- und Ostsyrien ausstrahlte, fanden gravierende militärische, politische, ökonomische und diplomatische Veränderungen statt. Es wurde eine Justiz eingeführt, die vor allem auf den gesellschaftlichen Kontext, Resozialisierung, Ausgleich und Aussöhnung Wert legt und weniger auf Strafe oder Inhaftierung. Da diese Form der Gerichtsbarkeit allerdings beim sogenannten „Islamischen Staat“ und Al-Qaida-Dschihadisten nur schwer greift und ein Ausgleich aufgrund der Schwere der Verbrechen kaum möglich ist, wurden Sondergerichte, die sogenannten „Volksverteidigungsgerichte“, gegründet. Bis heute wurden vor diesen Gerichten etwa 7000 Verfahren gegen syrische IS-Dschihadisten geführt. Den Dschihadisten können zu Strafen zwischen einer Mindeststrafe bis lebenslänglicher Freiheitsstrafe verurteilt werden. Unter den zu lebenslänglich verurteilten Dschihadisten befinden sich Täter, die Gefangene enthaupteten, Kinder töteten und ezidische Frauen und Mädchen auf Märkten als Sklavinnen verkauften. Einige der Mitglieder dieser Gerichte sind Teil des Komitees zur Vorbereitung eines internationalen Gerichtshofs. Eine Besonderheit der Volksverteidigungsgerichte ist, dass sie zur Mehrheit aus Frauen bestehen. Zwei von drei Richter*innen sind Frauen.

Acht Forderungen für ein internationales Gericht

Das Komitee zur Vorbereitung des internationalen Gerichtshofs auf der Grundlage von Gesprächen mit verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen einen Brief mit acht Forderungen verfasst. Der Brief wurde an alle an der internationalen Anti-IS-Koalition beteiligten Regierungen geschickt.

„1. Es muss Druck auf die internationale Gemeinschaft aufgebaut werden, um für die Aburteilung der gefangenen IS-Mitglieder vor einem in Nord- und Ostsyrien zu bildenden internationalen Gerichtshof unter Aufsicht des UN-Sicherheitsrats zu sorgen.

2. Die Volksverteidigungsgerichtshöfe müssen logistisch unterstützt und juristische Expert*innen für sie abgestellt werden.

3. Die internationalen Kräfte müssen Unterstützung bei der Verurteilung von IS-Terroristen und der Untersuchung der Haftbedingungen erbringen sowie den Richter*innen der Volksverteidigungsgerichte und den Vollzugsverantwortlichen methodische Hilfe leisten.

4. Es müssen Orte geschaffen werden, an denen die Verurteilten untergebracht werden. Außerdem müssen Krankenhäuser und Gesundheitszentren für sie eröffnet werden und es muss für die entsprechende Sicherheit gesorgt werden. Dafür ist logistische Unterstützung dringend notwendig.

5. Es müssen Rehabilitationszentren für die inhaftierten IS-Dschihadisten und ihre Familien aufgebaut werden, um zu verhindern, dass sie weiterhin eine Gefahr für die Gesellschaft darstellen.

6. Kinder wurden besonders schwer vom IS missbraucht. Es müssen besondere Rehabilitationszentren für Kinder eröffnet werden.

7. Zur Aufdeckung klandestiner IS-Zellen müssen Informationen ausgetauscht und logistische Unterstützung geleistet werden.

8. Zur Erfüllung dieser Punkte muss ein gemeinsames Komitee von der autonomen Selbstverwaltung und der Anti-IS-Koalition aus Jurist*innen und Sicherheitsexpert*innen gebildet werden.“