Ezidinnen aus Şengal zu Gesprächen in Berlin
Die ezidische Widerstandskämpferin Suad Murad Xelef, bekannt durch den Dokumentarfilm „Hêza“, ist mit einer Delegation aus Şengal mit Abgeordneten und Frauenorganisationen in Berlin zusammengetroffen.
Die ezidische Widerstandskämpferin Suad Murad Xelef, bekannt durch den Dokumentarfilm „Hêza“, ist mit einer Delegation aus Şengal mit Abgeordneten und Frauenorganisationen in Berlin zusammengetroffen.
Die Widerstandskämpferin Suad Murad Xelef hat mit einer Delegation Berlin besucht und mit Abgeordneten und Frauenorganisationen über die Lage der ezidischen Gemeinschaft in Şengal gesprochen. Suad Murad Xelef (andere Schreibweise: Khalaf) ist auch unter dem Namen Hêza Şengalî bekannt. Die Ezidin war im August 2014 während des Genozids der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) aus Şengal nach Syrien verschleppt worden. Ihr gelang es zu fliehen und zu einer Kommandantin der YJŞ (Fraueneinheiten Şengals) zu werden. Als solche war sie unter anderem an der Befreiung von Raqqa, der Hauptstadt des selbsternannten IS-Kalifats, beteiligt.
In Berlin traf die Delegation aus Şengal unter anderem die Linksparteivorsitzende Janine Wissler, den SPD-Abgeordneten Dirk Ulrich Mende, die FDP-Abgeordnete Renata Alt und Ferat Koçak, Sprecher für Flucht und Antifaschismus der Linksfraktion Berlin, sowie Vertreterinnen vom Deutschen Frauenring und von DaMigra, dem Dachverband von Migrantinnenorganisationen. In den Gesprächen ging es um die aktuelle Situation in Şengal, die ständige Bedrohungslage durch Angriffe der Türkei, die Abschiebungen ezidischer Geflüchteter aus Deutschland und die ezidische Gemeinschaft in Berlin.
Ferat Koçak fordert Schutz und Anerkennung der ezidischen Gemeinschaft
Ferat Koçak forderte nach dem Gespräch dringende Schutzmaßnahmen für die ezidische Gemeinschaft. Suad Murad Xelef habe als Überlebende des Völkermords von 2014 die Wichtigkeit des Rechts auf Selbstbestimmung ezidischer Frauen betont und von der Selbstorganisation in Şengal berichtet, teilte Koçak mit:
„Da sie von der kurdischen Peschmerga und dem irakischen Militär, die ihnen zuvor die Waffen abnahmen, während des Genozids im Stich gelassen wurden, nahmen die Êzîd:innen ihr Schicksal selbst in die Hand. Seit Ende des Genozids organisieren sich die Frauen im Shingal, um sich selbst und ihre heiligen Orte zu verteidigen. Sie haben sich geschworen, dafür zu sorgen, dass mit ihnen und anderen êzîdische Frauen nie wieder Menschenhandel betrieben werden darf.
Aktuell stehen die Êzîd:innen jedoch erneut unter Bedrohung, da irakische und kurdische Truppen nach Shingal zurückkehren, ohne die êzîdische Gemeinschaft zu konsultieren. Gleichzeitig zahlt die irakische Regierung Rückkehrprämien an êzîdische Familien, während zugleich Daesh-Familien unbehelligt in die Region zurückkehren, was eine Gefahr für die bedrohte Minderheit der Êzîd:innen darstellt. Zusätzlich setzt die Türkei ihre Militärangriffe im Nordirak/Südkurdistan fort. Suad Murad Khalaf und ihre Delegation fordern daher ein internationales Flugverbot über Shingal, um die Luftangriffe durch das türkische Militär zu beenden.“
In Absprache mit der Delegation forderte Ferat Koçak „einen sofortigen bundesweiten Abschiebestopp für êzîdische Geflüchtete und die Anerkennung der Êzîd:innen als eigenständige Ethnie. Außerdem plädiere ich für eine Geber:innenkonferenz für den Wiederaufbau der Region sowie eine UN-Resolution zum Schutz der Êzîd:innen.”
Koçak erklärte weiter: „Die Türkei hat die UN-Genozidkonvention unterzeichnet, die sie zur Verhinderung und Bestrafung von Genoziden verpflichtet und greift dennoch weiterhin Regionen an, in denen Êzîd:innen, Kurd:innen und Assyrer:innen leben. Die internationale Gemeinschaft muss die Türkei zur Einhaltung dieser Verpflichtungen drängen und sie bei weiterer Missachtung mit einem Ausschluss bestrafen. Dass ein Versäumnis, solche Bedrohungen zu adressieren, fatale Folgen haben kann, haben wir 2014 am Genozid der Êzîd:innen gesehen.“