Bereits zum 15. Mal fand im Europäischen Parlament die von der EU-Turkey Civic Commission (EUTCC) organisierte internationale Konferenz „Die Europäische Union, die Türkei, der Mittlere Osten und die Kurden” statt. Neben der Fraktion der Vereinten Europäischen Linken / Nordische Grüne Linke, die seit der ersten Konferenz Gastgeber ist, tragen seit 2016 auch die Fraktionen der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten und Die Grünen / Europäische Freie Allianz die Konferenz mit. Heute wurde die Abschlusserklärung veröffentlicht.
Internationale Akteure müssen ihre Perspektive auf die Kurd*innen verändern
Den Anstoß zu dieser Konferenz, die seit 2004 jährlich stattfindet, gab der militärische Konflikt zwischen dem türkischen Staat und den Kurdinnen und Kurden in Nordkurdistan bzw. der Türkei. Das Motto in diesem Jahr lautete: „Der kurdische Faktor in der Weltpolitik: Krise, Herausforderungen und Lösungen“. Die Hauptthemen der zweitägigen Konferenz stellten die Menschenrechtslage in der Türkei, die Isolation Öcalans, die Krise im Mittleren Osten, die Besetzung Nordsyriens, die Rolle der Kurd*innen als Vertreter des Friedens und ihre demokratischen Lösungsperspektiven dar.
In der Abschlusserklärung stellte der EUTCC fest, dass die Teilnahme der Kurd*innen als politischer Akteur zur Stabilisierung des Mittleren Osten einen Beitrag zum Frieden im Mittleren Osten und auf der Welt darstellt. Der EUTCC wies darauf hin, dass die Auseinandersetzungen in Syrien globale Charakteristika und Auswirkungen haben.
Der EUTCC erklärte: „Wir erwarten von den Akteuren in Europa und weltweit einen Perspektivwechsel in Bezug auf die Kurd*innen“, und forderte die Anerkennung des kurdischen Volkes als einen bedeutenden Akteur in der Politik im Mittleren Osten.” Die Kurd*innen seien ein staatenloser Akteur, der für Frieden und Stabilität in der Region kämpfe.
Die Teilnehmer*innen der Konferenz formulierten ihre Forderungen in 12 Paragraphen:
In seiner Abschlusserklärung ruft der EUTCC die Europäischen Institutionen, die EU-Mitgliedsstaaten, die Vereinten Nationen, den Papst Franciscus und die USA dazu auf, Druck auf die Türkei für die sofortige Freilassung von Abdullah Öcalan auszuüben.
Der EUTCC ruft den Europarat auf politische, juristische und diplomatische Maßnahmen zu ergreifen, damit sich die Türkei in Bezug auf die Isolation von Abdullah Öcalan an internationales Recht hält. Außerdem wird gefordert, dass das Antifolterkomitee (CPT) sofort eine Delegation auf die Gefängnisinsel Imrali zum Besuch bei Öcalan entsendet.
Der EUTCC fordert, dass die türkische Regierung die Isolation Öcalans beendet, ihn als politischen Gefangenen behandelt und die Friedensverhandlungen zwischen dem türkischen Staat und dem kurdischen Volk wieder aufgenommen werden.
Der EUTCC drückt seine Solidarität mit der inhaftierten HDP-Abgeordneten Leyla Güven und allen anderen aus, die sich zum Protest gegen die Isolation Öcalans im Hungerstreik befinden.
Der EUTCC erkennt die Entscheidung der Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, wonach Selahattin Demirtaş sofort freigelassen werden müsse und ähnliche Aufrufe des Europarates an und ist davon überzeugt, dass ähnliche Maßnahmen auch bezüglich Figen Yüksekdağ und den anderen politischen Gefangenen notwendig sind.
Der EUTCC nimmt die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, dass die Listung der PKK auf der Terrorliste falsch war, mit Zufriedenheit zur Kenntnis und fordert die Streichung der PKK von der EU-Terrorliste.
Der EUTCC fordert die EU, die UN, den Europarat, die USA, die russische Föderation und die Anti-IS-Koalition auf, die Besetzung Efrîns durch die Türkei als eine Verletzung syrischen Territoriums und internationaler Normen offen zu benennen und ruft auf, von der Türkei den sofortigen Rückzug aus Efrîn und den anderen von ihr besetzten Gebieten zu fordern und die ethnischen Säuberungen dort zu verurteilen.
Der EUTCC fordert die EU-Mitgliedsstaaten und die UN auf, die Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien als einen ersten Schritt für die politische Lösung der Kämpfe in Syrien anzuerkennen.
Der EUTCC lädt den Europarat, die EU und die UN ein, vor den für den 31. März 2019 vorgesehenen Kommunalwahlen in der Türkei und Nordkurdistan Delegationen zu entsenden, um freie und gleiche Bedingungen bei den Wahlen zu garantieren und dafür zu sorgen, dass sich die Türkei an die Notwendigkeiten internationalen Rechts hält.
Der EUTCC gratuliert den kurdischen Frauen für ihre autonome und aktive Rolle, die sie beim Aufbau der Demokratie im gesellschaftlichen, politischen, administrativen und ökonomischen Bereich spielen und so ein Beispiel für die Demokratisierung des Mittleren Ostens darstellen.
Der EUTCC lädt die EU und den Europarat ein, Druck auf die Türkei auszuüben, damit sie Luftangriffe auf Südkurdistan (Nordirak) einstellt, die eine klare Verletzung internationalen Rechts darstellen.
Der EUTCC bedauert und verurteilt die willkürliche Entscheidung des Europaparlaments, Zübeyir Aydar an seiner Teilnahme auf dieser Konferenz zu hindern. Diese bedauerliche Handlung stellt eine Verleugnung der Meinungsfreiheit, der Suche nach Frieden und Demokratie dar.