In der kommenden Woche werden gleich drei Prozesse gegen Aktivist:innen der Blockade des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) in Eschborn bei Frankfurt am Main geführt. Der zweite Prozess wegen dem Vorwurf des Hausfriedensbruchs findet am Montag um 9.45 Uhr im Amtsgericht Frankfurt statt. Die beiden anderen Prozesse werden beide am Mittwoch um 9.30 und um 10.30 Uhr im Amtsgericht Höchst geführt.
Im Rahmen der antimilitaristischen Kampagne „Rise up against War – Rise up for Solidarity” hatten am 4. Februar 2020 gut 100 Aktivist:innen das Foyer des BAFA blockiert. Dieser Behörde kommt eine zentrale Stellung beim Export von Waffen in alle Welt zu, denn sie erteilt die dafür nötigen Genehmigungen. Die Antimilitarist:innen forderten das BAFA auf, seine Beteiligung an völkerrechtswidrigen Kriegen zu beenden und die Genehmigungen für Rüstungsexporte aussetzen. Die Behördenleitung reagierte mit Anzeigen wegen Hausfriedensbruch. Gegen mehr als 30 Personen sind Gerichtsverfahren mit verschiedenen Vorwürfen eingeleitet worden, darunter Hausfriedensbruch, Körperverletzung, versuchte Gefangenenbefreiung, Widerstand, Nötigung und Rädelsführerschaft.
Erster Prozess wegen Hausfriedensbruch vertagt
Letzte Woche wurde vor dem Amtsgericht Frankfurt der erste Prozess wegen Hausfriedensbruch verhandelt. Ein Urteil konnte nicht gefällt werden, die Verhandlung wurde vertagt. Am Mittwoch findet der zweite Prozess wegen Hausfriedensbruch statt. Ende April kam es bereits zu einer ersten Einstellung in einem Verfahren wegen des Vorwurfs der Körperverletzung. Die Pressesprecherin des Bündisses „Rise up for Solidarity”, Juli Ziegert, fasst die Lage wie folgt zusammen: „Im ersten Prozess gab es keine Verurteilung. Mit Blick auf die Vertagung des Prozesses letzte Woche, die nur unter Zähneknirschen vom Richter genehmigt wurde und darauf, dass die beiden Verhandlungstermine am Mittwoch in einem Abstand von lediglich einer Stunde im selben Raum stattfinden sollen, zeigt sich deutlich: hier soll auf der einen Seite ein maximaler Aufwand für die betroffenen Aktivist:innen aufgebaut werden und auf der anderen Seite will die Behörde die Verfahren so schnell wie möglich aus der Öffentlichkeit nehmen. Das und die andauernden Repressionen stehen in keinem Verhältnis zu den Vorwürfen. Wir halten weiterhin an der Legitimität unseres Anliegens fest.“
Tribunal gegen das BAFA
Die stattgefundenen Verhandlungen der ersten Prozesse wurden von einer Protestkundgebung solidarisch begleitet. Zudem hat letzten Mittwoch ein Tribunal gegen das BAFA stattgefunden, das nochmal verstärkt inhaltliche Kritik an der Behörde sichtbar gemacht hat. Darin sieht Juli Ziegert eine große Chance: „Uns gelingt es immer mehr, die Aufmerksamkeit zurück auf das BAFA und auf deutsche Rüstungsexporte zu lenken. Wir lassen uns von der Repression nicht einschüchtern. Und wir werden auch weiterhin jeden Prozess dafür nutzen über die BAFA und Deutschlands Verantwortung für Kriege weltweit zu informieren und diese zu skandalisieren.“
Tribunal vor dem BAFA
Mit Blick auf die kommenden und laufenden Prozesse wegen Hausfriedensbruchs sagt Ziegert: „Wir sollen den Frieden in einem Haus gebrochen haben, das keinen Frieden kennt.“ Dies sei ein Widerspruch in sich: „Mit der Blockadeaktion haben wir darauf aufmerksam gemacht, dass an diesem Ort Kriege mitverantwortet werden. Die Kriminalisierung und Delegitimierung unseres Protestes verurteilen wir scharf.“
Blockade und Polizeiangriffe in Video dokumentiert
In einem Video des Medienkollektivs Frankfurt ist die Blockade des BAFA gut dokumentiert. Zu sehen sind Transparente mit Aufschriften wie „Profit ➞ Krieg ➞ Flucht: War starts here let's stop it here“ und Sticker mit der Aufschrift „Schreibtischtäter*in“, die auf dem Briefkasten der Behörde kleben. Zum Ende der Aktion gehen die Aktivist:innen in einer spontanen Demonstration gemeinsam zur S-Bahnstation, um abzureisen. Noch vor dem S-Bahnhof stoppen Polizeikräfte mit behandschuhten Händen und in üblicher Kampfmontur die Demonstration und hindern die Teilnehmenden unter dem Einsatz von Pfefferspray, Schlägen und Tritten an der friedlichen Abreise. Die Angriffe der Beamt:innen hören auch im Bahnhof nicht auf, sie dringen in die vollbesetzte S-Bahn ein, setzen dabei erneut Pfefferspray ein. Auch diese Szenen fing das Medienkollektiv Frankfurt ein.
Ziegert: Brutalen Polizeieinsatz aufzuklären
Für Juli Ziegert ist klar: „Einzig den brutalen Polizeieinsatz gilt es aufzuklären. Die Polizei war nach der Beendigung der BAFA Besetzung mit unverhältnismäßiger Gewalt gegen Aktivist:innen vorgegangen. Als wir uns auf dem Rückweg befanden, wurde brutal auf Anwesende eingeschlagen.“ Nach der Aktion gab es starke öffentliche Kritik an dem Polizeieinsatz, die Behörde wollte sich um Aufklärung bemühen. „Bis zum jetzigen Zeitpunkt ist, wie zu erwarten war, nichts dabei rausgekommen. Für uns zeigt sich dabei einmal mehr, das mit der Frankfurter Polizei kein Frieden zu machen ist.”
Solidarische Prozessbegleitung
Die Prozesse werden auch dieses Mal solidarisch unterstützt. Die morgige Verhandlung wird um 8.30 Uhr mit einer Kundgebung begleitet. Dies gilt auch für den vierten und fünften Prozess am Mittwoch vor dem Amtsgericht in Höchst. Der dritte Prozess fällt unter Jugendstrafe, Beobachter:innen werden nicht zugelassen. Eine Kundgebung vor Ort findet dennoch statt. Ausführliche Informationen zum BAFA, der Kritik an erteilten Rüstungsexportgenehmigungen und den Gründen für die Besetzung finden sich hier https://riseupforsolidarity.blackblogs.org/