DITIB Essen will Träger der freien Jugendhilfe werden

DITIB Essen möchte anerkannter Träger der freien Jugendhilfe werden. Obwohl der Islam-Verband bundesweit in Skandale verwickelt ist, könnte es dafür in Essen eine Mehrheit geben. Im Netz regt sich Kritik und Protest.

Der Essener Verein des Islam-Verbands DITIB will als Träger der freien Jugendhilfe anerkannt werden. Noch im Dezember soll im Jugendhilfeausschuss über einen entsprechenden Antrag der Türkisch-Islamischen Gemeinde zu Essen e.V. entschieden werden. Doch dagegen regt sich Protest. In der Vergangenheit gab es zu den Gemeinden und Jugendverbänden von DITIB, der Vertretung der türkischen Religionsbehörde DIYANET in Deutschland, zahlreiche Skandale: Hetze im Netz gegen verfolgte Gruppen, Angriffe auf Minderheiten oder die Einschüchterung von Andersdenkenden sind nur einige der Vorwürfe. Zudem haben DITIB-Funktionäre neben Bekenntnissen zur sogenannten Ülkücü-Bewegung und damit den „Grauen Wölfen“, die als größte rechtsextremistische Bewegung in Deutschland gilt, auch islamistische Inhalte veröffentlicht. Erst im Juli hatte die Staatsanwaltschaft Göttingen Anklage gegen den früheren Göttinger DITIB-Vorsitzenden Mustafa Keskin erhoben. Dem ehemaligen Funktionär des Moscheeverbands wurde Volksverhetzung in vier Fällen sowie das Billigen von Straftaten in einem Fall vorgeworfen.

Spionage im Dienst des türkischen Regimes

Vor einem Jahr hatte das ZDF in einer Reportage über die Bespitzelung von Erdogan-Kritikern in Deutschland berichtet. Den Recherchen zufolge haben 2017 mindestens neunzehn DITIB-Imame Menschen in der Bundesrepublik ausspioniert und nach Ankara gemeldet. Im November letzten Jahres erklärte das Landesinnenministerium NRW auf eine Anfrage des SPD-Landtagsabgeordneten Serdar Yüksel, dass DITIB „nicht nur zur aktiven Meinungsbildung im Sinne der türkischen Regierung“ arbeite, sondern dem türkischen Nachrichtendienst „auch eine große Zahl potenzieller Zuträger und Hinweisgeber“ biete.

Trotz all dieser Skandale versucht der Verein in Essen nun, Träger der freien Jugendhilfe zu werden. Entschieden wird dies am 14. Dezember im Jugendhilfeausschuss. Als Träger der freien Jugendhilfe haben Verbände eine bevorzugte Stellung bei partnerschaftlichen Beziehungen mit den öffentlichen Trägern. Sie können am Jugendhilfeausschuss und anderen Arbeitsgemeinschaften mitwirken und gemeinsam Projekte ins Leben rufen. Eine Trägerschaft heißt zwar nicht, dass Verbände zwangsläufig Fördermittel erhalten. Sie erleichtert in der Regel jedoch diesen Schritt. Einige Projekte setzen wiederum sogar eine Trägerschaft voraus.

Linken-Politiker Civan Akbulut startet Aufruf gegen DITIB

Civan Akbulut ist Mitglied im Integrationsrat der Stadt Essen und Delegierter des Landesintegrationsrates. Es sagt, es wäre naiv zu glauben, dass die DITIB unabhängig sei. „Sie hat sich weder neu gegründet, noch strukturell verändert. Sie bleibt der verlängerte Arm von Erdogan“, erklärt Akbulut gegenüber ANF.

In der Integrationsratssitzung vom 24. November hatte Akbulut bereits in einem Redebeitrag zu DITIB gesprochen und die Skandale thematisiert. Nun kritisiert er, dass sich die anderen Parteien unklar oder falsch positioniert hätten. „Entweder wurde die DITIB gelobt oder man hat sich enthalten. Meiner Meinung nach ist das ein Unding und skandalös.“

Als gebürtiger Essener findet Akbulut diese Entwicklung besorgniserregend. Deshalb hat er in digitalen Netzwerken einen Aufruf gestartet. Darin ruft er dazu auf, die entsprechenden Politiker:innen und Parteien darauf aufmerksam zu machen, dass DITIB ungeeignet ist, Träger der freien Jugendhilfe zu werden. „Es würde die Gefahren dieser Strukturen verharmlosen, die Betroffenen demütigen und deutlich falsche Signale setzen“, so Akbulut.