Demonstration gegen 98 Jahre Vertrag von Lausanne

In Lausanne ist heute anlässlich des 98. Jahrestags der Teilung Kurdistans gegen die türkische Besatzung demonstriert worden.

98 Jahre nach Unterzeichnung des Vertrags von Lausanne ist am Sonnabend in der Stadt am Genfer See gegen die türkische Besatzung in Kurdistan demonstriert worden. Aufgerufen zu der Protestveranstaltung hatte der größte kurdische Dachverband in der Schweiz, CDK-S. Mit der Aktion wurde auch für eine innerkurdische Einheit gegen die NATO-gestützten Angriffe des türkischen Staates geworben.

Mit dem Lausanner Abkommen vom 24. Juli 1923 wurden die heutigen Staatsgrenzen der Türkei und damit die Teilung Kurdistans festgelegt. Der CDK-S nahm den Jahrestag zum Anlass, um deutlich zu machen, dass die kurdische Gesellschaft auch fast ein Jahrhundert nach Unterzeichnung den Vertrag von Lausanne nicht akzeptiert. Mit dem Abkommen sind die Grundlagen dafür gelegt worden, dass ein Volk komplett missachtet und seine Existenz verleugnet wird. Jetzt droht den Kurd:innen der Verlust ihrer mit großem Einsatz und hohen Opfern erkämpften Errungenschaften. Sie sind der grausamen Aggression der herrschenden Nationalstaaten ausgesetzt und werden von den internationalen Hegemonialmächten als Verhandlungsmasse benutzt, hatte es im Demonstrationsaufruf geheißen.

Auftakt vor dem Schloss Rumine, wo der Lausanner Vertrag abgeschlossen wurde

Die Demonstration begann in der Altstadt von Lausanne, vor dem Palais de Rumine. Dort wurde vor 98 Jahren der Vertrag von Lausanne abgeschlossen. Eingeleitet wurde die Zusammenkunft, an der sich hunderte Menschen aus allen Teilen Kurdistans sowie viele solidarische Menschen aus der türkeistämmigen und schweizerischen Linken beteiligten, mit einer Schweigeminute für die Gefallenen des kurdischen Befreiungskampfes. Die Auftaktrede wurde von dem CDK-S-Vorsitzenden Salih Sağlam gehalten. Salih Sağlam bezeichnete den Lausanner Vertrag als „Höhepunkt des tausendjährigen statuslosen Zustands des kurdischen Volkes“ und hob hervor, dass die Türkei mit umfassenden Besatzungsangriffen, die als „genozidal” einzustufen seien, eine Neuauflage des Abkommens anstrebe. „Das werden wir nicht zulassen”, erklärte Salih Sağlam.

Guerillawiderstand in Südkurdistan gewürdigt

Anschließend an die Rede setzte sich die Demonstration lautstark und kämpferisch unter einem bunten Fahnenmeer in Bewegung. Während des rund zweistündigen Marschs wurden immer wieder Parolen skandiert, mit denen der Guerillawiderstand in den seit inzwischen drei Monaten pausenlosen Angriffen des türkischen Militärs ausgesetzten Medya-Verteidigungsgebieten gewürdigt wurde. Zudem wurde die Freiheit von Abdullah Öcalan, dem seit 1999 in der Türkei inhaftierten Vordenker der kurdischen Befreiungsbewegung, eingefordert. Die Demonstration führte bis vor das Schloss Ouchy, dem Tagungsort der Verhandlungen des Lausanner Vertrags. Hier wurde eine abschließende Kundgebung ausgerichtet. Es sprachen Vertreter:innen der örtlichen kurdischen Community, von dem Bündnis Demokratischer Kräfte in Europa (ADGB) und der Kommunistischen Partei Kurdistans (KKP).

Défendre le Kurdistan - Contre l'invasion Turque | Verteidigt Kurdistan - gegen die türkische Besatzung

Lausanner Vertrag ebnete Massaker an den Völkern Kurdistans

Der kurdische Politiker Serhat Agîri lud die kurdische Gesellschaft zum totalen Widerstand für die Verteidigung der Errungenschaften aller Kurdinnen und Kurden auf Grundlage der von Abdullah Öcalan vorgelegten Perspektive einer demokratischen Nation ein. Der ADGB-Sprecher Tuncay Yılmaz hob hervor, dass der Vertrag von Lausanne den Weg für weitere Massaker an den alten Völkern in Kurdistan „geebnet” habe. „Wir werden nicht zulassen, dass Kurd:innen, Armenier:innen und alle anderen ursprünglichen Bewohner:innen der Region für hundert weitere Jahre abgeschlachtet werden.” Kemal Bilget von der KKP wies auf die Bedeutsamkeit einer innerkurdischen Einheit für die Existenz der Kurdinnen und Kurden hin. „Die einzige Möglichkeit für die Befreiung des kurdischen Volkes und der Völker der Region aus der Gefangenschaft besteht heute darin, zu allererst die nationale Einheit zu gewährleisten”, so Bilget. Mit Apllaus und weiteren Parolen zur Unterstützung der KCK-Offensive „Schluss mit Isolation, Faschismus und Besatzung – Zeit für Freiheit“ endete die Demonstration.