Die südkurdische Regierungspartei PDK macht die HPG für die Besatzungsangriffe der türkischen Armee auf Südkurdistan und den Tod von Peschmerga-Kämpfern bei einer Explosion am 5. Juni verantwortlich. Demgegenüber haben sogar Vertreter des Peschmerga-Ministeriums bereits festgestellt, dass es sich um den Angriff eines F-16-Bombers oder einer bewaffneten Drohne gehandelt haben müsse. Der Angriff trägt die Handschrift der Türkei. Die Volksverteidigungskräfte (HPG) haben ebenfalls eine Beteiligung an der Zerstörung des Fahrzeugs zurückgewiesen und eine unabhängige Untersuchung gefordert.
Fragen an die Bundesregierung nach Wiederholung von PDK-Propaganda
Die Bundesregierung kolportierte sofort die Propaganda das PDK, es habe sich um einen Angriff der Guerilla gehandelt. Daraufhin reichte die innenpolitische Sprecherin der Linken, Ulla Jelpke, zwei Schriftliche Fragen bei der Bundesregierung ein. Die Abgeordnete fragte, worauf die Bundesregierung ihre Behauptungen stütze, das Peschmerga-Fahrzeug sei von der PKK zerstört worden.
Bundesregierung hält trotz massiven Widersprüchen an PDK-Version fest
Die Antwort der Bundesregierung lautete: „Das Generalkonsulat in Erbil verurteilte am 6. Juni 2021 den tödlichen Angriff der auch in der EU als terroristisch eingestuften ,Arbeiterpartei Kurdistans' (PKK) auf Peschmerga-Kräfte am Vortag in Nordirak per Twitter und kondolierte den Familien der Opfer. Gemäß offizieller Stellungnahmen des Peschmerga-Ministeriums vom 5. Juni 2021 handelte es sich bei dem tödlichen Angriff um einen ‚Hinterhalt der PKK-Kräfte‘ unter Einsatz von ‚leichten und schweren Waffen‘. Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, die die Darstellung der verantwortlichen Regierungsstellen in Frage stellen würden.“
Diese Antwort zeigt, dass die Bundesregierung weder bereit noch in der Lage war, sich mit der Situation vor Ort auseinanderzusetzen und direkt nach der Zerstörung des Fahrzeugs die Version der PDK übernahm und kolportierte.
„Kommandant im Ministerium erklärte, das Fahrzeug sei aus der Luft zerstört worden“
Jelpke kritisiert die Erklärung der Bundesregierung mit deutlichen Worten: „Die Guerilla bestreitet, das Panzerfahrzeug der Peschmerga beschossen zu haben. Überlebende des Angriffs gaben an, aus der Luft beschossen worden zu sein. Und selbst aus dem Peschmergaministerium wurden Zweifel an der Darstellung der Kurdischen Regierung geäußert, wonach die Peschmerga bei einem Guerillaangriff getötet wurden. Ein Kommandant im Ministerium erklärte, es habe sich um einen Angriff durch ein Kampfflugzeug oder eine Killerdrone gehandelt - über beide Waffensysteme verfügt zwar die Türkei, nicht aber die kurdische Guerilla.“
„Bundesregieregierung heizt Bruderkrieg an“
Jelpke wirft der Bundesregierung Dilettantismus und Kriegstreiberei vor: „Es ist peinlich, dass die Bundesregierung sich nicht darum bemüht hat, eigene Erkenntnisse über den Vorfall zu erhalten und sich blind der Darstellung der Kurdischen Regionalregierung angeschlossen hat. Denn die Wahrheit ist in jedem Krieg bekanntlich das erste Opfer. Anstatt den drohenden kurdischen Bruderkrieg durch solche einseitigen Positionierungen anzuheizen, sollte die Bundesregierung zur Deeskalation der Lage beitragen und sich für eine Aufklärung der Hintergründe des Angriffs auf die Peschmerga durch eine unabhängige Kommission stark machen.“
Deutsche Waffen im innerkurdischen Konflikt?
Im zweiten Teil der Frage geht die Abgeordnete auf den Einsatz deutscher Waffen gegen die Guerilla ein und fragt, inwieweit die Bundesregierung den Einsatz deutscher Waffen von PDK-Peschmerga in einem solchen Konflikt für legal hält. Jelpke weist in ihrer Frage unter anderem auf moderne deutsche Dingo-Panzerwagen hin, die von der Bundeswehr den Peschmerga für den Kampf gegen den IS überlassen worden waren und nun Teil von Truppenverlegungen der PDK in die Region Metîna, also gegen die Guerilla sind.
Bundesregierung: „Geliefertes Material ausschließlich für Kampf gegen IS“
Die Bundesregierung bestätigt in ihrer Antwort erneut, dass die von der Bundeswehr an die Peschmerga gelieferten Waffen nur zum Kampf gegen den Islamischen Staat eingesetzt werden dürfen: „Mit der Unterzeichnung einer sogenannten Endverbleibserklärung hat sich die Regionalregierung Kurdistan-Irak verpflichtet, geliefertes Material ausschließlich im Kampf gegen den sogenannten ‚Islamischen Staat‘ sowie im Einklang mit dem Völkerrecht und insbesondere dem Humanitären Völkerrecht einzusetzen und dieses nicht an Dritte weiterzugeben.“
„PDK begeht offenen Vertragsbruch“
Jelpke weist darauf hin, dass die PDK offensichtlich dagegen verstößt: „Es liegen allerdings Bilder vor, die nahelegen, dass die Peschmerga der in Erbil regierenden KDP unter anderem Dingo-Panzerwagen aus deutscher Lieferung in die Rückzugsgebiete der PKK-Guerilla verlegt haben. Der IS ist dort im irakisch-türkischen Grenzgebiet noch nie aktiv gewesen. Hier findet offenbar ein Missbrauch der deutschen Militärtechnik durch die Peschmerga statt, die gleichzeitig mit dem türkischen Angriff auf die Region versuchen, die Guerilla zu vertreiben. Egal wie man über die PKK denkt - der Einsatz der Dingo-Panzerwagen gegen die Guerilla ist ein offener Vertragsbruch. Ich erwarte von der Bundesregierung, dass sie dies gegenüber Erbil deutlich macht und darauf drängt, dass die ausschließlich zum Kampf gegen den IS gelieferten Waffen nicht für innerkurdische Auseinandersetzungen missbraucht werden."