Budapest-Komplex: Antifaschistin Hanna äußert sich
Am Mittwoch, dem zweiten Prozesstag gegen die Antifaschistin Hanna, äußerte diese sich zu ihrem Hintergrund sowie den aktuellen Haftbedingungen. Erneut kamen etliche Menschen zur Unterstützung.
Am Mittwoch, dem zweiten Prozesstag gegen die Antifaschistin Hanna, äußerte diese sich zu ihrem Hintergrund sowie den aktuellen Haftbedingungen. Erneut kamen etliche Menschen zur Unterstützung.
Der Antifaschistin Hanna wird seit vergangener Woche vor dem OLG München in den Räumlichkeiten des Hochsicherheits-Gerichtssaals der JVA Stadelheim der Prozess gemacht. Ihr wird vorgeworfen, im Februar 2023 an Angriffen auf Neonazis in Budapest beteiligt gewesen zu sein. Auch am zweiten Verhandlungstag kamen zahlreiche Unterstützende und begrüßten die Beschuldigte mit anhaltendem Applaus. Gleich zu Beginn meldete sich Hanna erstmals im Prozess zu Wort: „Es ist mir ein Anliegen, mich selbst zu äußern.“ In den darauffolgenden Minuten äußerte sich Hanna zu ihren persönlichen Verhältnissen und skizzierte ihren Lebenslauf. Auch brachte sie ihre aktuellen Haftbedingungen zur Sprache und thematisierte hierbei insbesondere das Vorgehen der Justizbehörden, welches starke Auswirkungen auf das Verhalten ihrer Mitgefangenen habe.
Politisierung in der Schulzeit
Hanna legte am Mittwoch ihren familiären Hintergrund vor Gericht dar und ging hierbei auch auf ihre Politisierung durch einen gescheiterten Abschiebeversuch eines Mitschülers in der Nürnberger Fachoberschule nach Afghanistan 2017 ein. Aufgrund dieser Erfahrung staatlichen Handelns nähmen viele ihrer Arbeiten als Kunststudentin Bezug auf Themen wie Flucht, die Abschottung der EU-Außengrenzen, Ungleichheit, Feminismus oder rechte Gewalt.
Sonderbehandlung hinter Gittern
Im weiteren Verlauf ihrer Schilderungen äußerte sich Hanna zu ihrer persönlichen Situation im Gefängnis sowie zu den Bedingungen, denen sie sich dort ausgesetzt sieht. Hannas Zugang zu medizinischer Versorgung sei stark eingeschränkt und trotz ernsthafter gesundheitlicher Probleme und Schmerzen mit langen Wartezeiten verbunden. Vor Gericht habe sich gezeigt, dass der vorsitzende Richter über Ergebnisse einer ärztlichen Untersuchung der Antifaschistin ausführlicher informiert war als sie selbst. Dies verdeutliche auch, wie stark ihre Kommunikationsmöglichkeiten außerhalb der Gefängnismauern eingeschränkt würden. Zudem würden ihr viele Aktivitäten innerhalb der JVA schlichtweg verweigert werden.
Mitgefangene werden verschreckt
Die Beschuldigte äußerte sich insbesondere auch zum Verhalten der Justizbehörden, welches ihre Mitgefangenen verschrecke: „Meine Zelle in der Frauenhaftanstalt wurde drei Wochen freigehalten, bereits das sorgte für viele Fragen und Gerüchte. Geäußert wurde: Da kommt eine Terroristin, die ist schlimmer als der IS. Mehrfach hörte ich auch den Namen Beate Zschäpe.“ Laut Alina Häusler vom Solikreis München zeige dieses „völlig unangemessene Vorgehen der deutschen Behörden“, dass auch innerhalb der Haftanstalt versucht werde, eine Vorverurteilung der Antifaschistin herbeizuführen. Häusler sagt dazu, dass diese Verfahrensweise „Hanna auch innerhalb der JVA von anderen Gefangenen isoliert und für eine erhebliche psychische Belastung sorgt“.
LKA-Zeugenaussagen werfen Fragen auf
Wenig später hörte das Gericht den ersten Zeugen des Prozesses, Kriminalkommissar H. aus Nürnberg, der zu persönlichen Verhältnissen von Hanna befragt wurde. Dabei verstrickte der Beamte sich laut Solikreis immer wieder in Ungereimtheiten und Widersprüche. Die Antwort auf diverse Nachfragen habe er „widerwillig“ gegeben oder mit Verweis auf seine „Aussagegenehmigung“ verweigert. So habe er die gefragte Herkunft von vorgehaltenem Bildmaterial nicht unzweifelhaft angeben können. Dass der Zeuge einerseits lange Aktenzeichen auswendig habe vortragen können, sich andererseits bei Nachfragen der Verteidigung oft nicht habe erinnern können, ließe den Beamten für den Solikreis München unsouverän erscheinen.
Fragwürdige LKA-Beteiligung
Im Verlauf des Verhandlungstages zeigte sich zweifelsfrei, dass das LKA Sachsen im Jahr 2023 in einer völlig anderen Strafsache an einer Durchsuchung bei Hanna beteiligt gewesen sein muss. Auf die Frage aus welchem Anlass dies der Fall gewesen sei, habe Kriminalkommissar H. die Aussage verweigert.
Der wenig später vernommene Zeuge T., Beamter des LKA Sachsen, habe bei seiner Befragung bereitwillig Antwort auf viele Fragen gegeben, die H. zuvor verweigert hatte. Nur die Frage, warum und inwieweit das LKA Sachsen bereits 2023 an polizeilichen Maßnahmen gegen Hanna in einer völlig anderen Strafsache beteiligt gewesen ist, wird wohl noch eine Zeit lang ungeklärt bleiben.
Prozessbegleitung
Der Münchner Solikreis gab an, dass er den Prozess weiterhin begleiten werde. Die Hauptverhandlung findet seit dem 19. Februar 2025 jeweils um 09.30 Uhr im Sitzungssaalgebäude in der Stettnerstraße 10 in München statt. Der nächste Termin ist für Dienstag 11. März angesetzt und folgend für den gesamten März an jedem Dienstag und Mittwoch.