Brüssel: Gewerkschaftskampagne fordert Auskunft über Öcalan

Vor dem Europaparlament in Brüssel haben Vertreter:innen von Gewerkschaften und politischen Parteien aus verschiedenen Ländern Auskunft über den Zustand von Abdullah Öcalan gefordert.

Vor dem Europaparlament in Brüssel haben Vertreter:innen von Gewerkschaften und politischen Parteien aus England, Italien, Belgien, Schottland und Deutschland sofortige Auskunft über den Zustand von Abdullah Öcalan gefordert. Zu der Pressekonferenz auf dem Luxemburg-Platz hatte die in London ansässige Gewerkschaftskampagne „Freiheit für Öcalan" eingeladen, um über die rechtswidrige Isolation des kurdischen Vordenkers zu informieren und konkrete Forderungen an die Türkei und Europa zu stellen.

Abdullah Öcalan wird seit vierundzwanzig Jahren in der Türkei in Isolationshaft gehalten und es gibt seit März 2021 kein Lebenszeichen mehr von ihm und seinen drei Mitgefangenen auf der Gefängnisinsel Imrali. Seinem Anwaltsteam und seinen Angehörigen wird jeglicher Kontakt verwehrt, auch eine schriftliche oder telefonische Kommunikation wird verhindert. Die einzige Institution, die jederzeit Gefängnisse in den Mitgliedsländern des Europarats inspizieren kann, ist das Komitee zur Verhütung von Folter (CPT), das jedoch keine Auskunft über die Lage auf Imrali gibt.

Glynn: Isolation ist menschenrechtswidrig

An der Pressekonferenz nahmen Dutzende Menschen teil, darunter auch Vertreter:innen der Kampagnen, die in Südkurdistan und der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien für die Freilassung von Öcalan geführt werden. Die Autorin Sarah Glynn berichtete als Moderatorin der Pressekonferenz einleitend von den Haftbedingungen Öcalans seit seiner Gefangennahme im Jahr 1999 und betonte, dass die Isolation nach internationalen Menschenrechtsstandards rechtswidrig ist. Glynn wies auch auf die Folgen des vor hundert Jahren beschlossenen Vertrags von Lausanne hin und sagte, dass eine demokratische und friedliche Lösung der kurdischen Frage ohne die Aufhebung der Isolation von Öcalan nicht möglich ist.

Forderungen an die türkische Regierung

Die türkische Regierung wurde auf der Pressekonferenz dazu aufgefordert, die Vorschläge des Antifolterkomitees (CPT) zur Verbesserung der Haftbedingungen auf Imrali umzusetzen und dabei die Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu berücksichtigen. Dazu gehöre das Recht auf Kontakt mit Anwält:innen und Angehörigen, die Möglichkeit, auf juristischem Weg gegen die Haftbedingungen vorzugehen, und die Aufhebung der Verurteilung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe ohne Aussicht auf Entlassung. Die gegen Öcalan und viele weitere politische Gefangene in der Türkei verhängte „erschwerte lebenslange Haftstrafe“ verstößt gegen das „Recht auf Hoffnung“ und die Europäischen Menschenrechtskonventionen.

Forderung an den Europarat und politische Akteure

An den Ministerrat des Europarats richtete die Pressekonferenz die Forderung, über die konsequente Nichtumsetzung der Vorschläge des CPT durch die türkische Regierung zu beraten und Richtlinien festzulegen, um die Türkei zur Verantwortung zu ziehen. Das CPT wurde aufgefordert, sofort darüber Auskunft zu geben, ob bei dem letzten Besuch des Antifolterkomitees in der Türkei im vergangenen September ein Gespräch mit Abdullah Öcalan stattgefunden hat. An alle lokalen und internationalen politischen Akteure appellierten die Vertreter:innen auf der Pressekonferenz, sich für die Freilassung von Öcalan einzusetzen und ihm die Möglichkeit zu geben, sich an Verhandlungen für eine nachhaltige, gerechte und demokratische politische Lösung der kurdischen Frage zu beteiligen.