Die kurdische Gemeinde in der schweizerischen Hauptstadt Bern hat die Behörden Frankreichs aufgefordert, für eine zügige Aufklärung des Attentats von Paris zu sorgen und den Dreifachmord als terroristischen Anschlag einzustufen. „Es steht außer Frage, dass es sich bei dem Attentat um politische Morde handelt. Wir verlangen, dass dies von den zuständigen Behörden öffentlich eingestanden wird. Es ist unerträglich, dass der Charakter dieses Massakers geleugnet wird“, sagte Burhan Karakoç, Ko-Vorsitzender des kurdischen Volksrates, auf einer Kundgebung am Freitag in Bern. Auch der Frauenrat Berjîn Zenda rief zu der Zusammenkunft auf.
Am Freitag vor einer Woche hatte ein 69 Jahre Franzose drei Mitglieder der kurdischen Community vor dem Kulturzentrum „Ahmet Kaya“ im zehnten Pariser Bezirk erschossen: Evîn Goyî (Emine Kara), KCK-Exekutivratsmitglied, YPJ-Veteranin im Kampf gegen den IS und führende Vertreterin der kurdischen Frauenbewegung; Mîr Perwer (Mehmet Şirin Aydın), Künstler und politischer Geflüchteter aus der Türkei; sowie Abdurrahman Kızıl, langjähriger Aktivist, der ebenfalls aufgrund politischer Verfolgung seine Heimat verlassen musste. Drei weitere Menschen wurden verletzt.
„Niemand innerhalb unserer Gemeinde glaubt an einen Zufall“, so Karakoç. Zu nah liege die tödliche Attacke am Jahrestag der Morde vor zehn Jahren an Sakine Cansız (Sara), Fidan Doğan (Rojbîn) und Leyla Şaylemez (Ronahî). Die drei kurdischen Revolutionärinnen waren am 9. Januar 2013 von einem türkischen Auftragsmörder erschossen wurden – ebenfalls in Paris und ebenfalls im zehnten Bezirk der Stadt. Im Hinblick darauf scheine es so, dass der Schütze seine Opfer gezielt ausgewählt habe. Die allzu schnell präsentierte These von fremdenfeindlicher Motivation eines Einzeltäters sei daher mehr als inakzeptabel, so Karakoç. „Wir teilen diese Lesart nicht. Es gibt keine Zweifel, dass türkische Kreise in den Anschlag involviert sind.“
Tuncay Yılmaz von der in der Türkei verwurzelten Partei des Sozialistischen Wiederaufbaus (SYKP) beteiligte sich ebenfalls an der Kundgebung. „Die Skepsis der kurdischen Gemeinschaft gegenüber der französischen Regierung und der Arbeit der Justiz ist vollkommen gerechtfertigt. Gerade angesichts der noch immer unter Verschluss gehaltenen Dokumente im Fall der ersten Dreifachmorde von Paris. Der französische Staat betreibt eine aktive Verhinderung der Aufklärung. Auch die Tatsache, dass der Schütze vom Ahmet-Kaya-Kulturzentrum erst wenige Tage vor der Tat aus der Haft entlassen wurde, wirft Fragen auf.“