Frauen in Amed: „Unser Körper, unsere Identität, unser Leben!“

Mit einer lautstarken Demonstration in Amed protestierten Frauenorganisationen gegen politische Eingriffe in ihre körperliche Selbstbestimmung und gegen die steigende Gewalt an Frauen.

Protest gegen staatliche Eingriffe in körperliche Selbstbestimmung

Mit einer Demonstration und einer anschließenden Kundgebung haben Frauenorganisationen in Amed (tr. Diyarbakır) gegen frauenfeindliche politische Maßnahmen und zunehmende Gewalt gegen Frauen protestiert. Unter dem Motto „Frauen schweigen nicht – wir werden nicht schweigen“ forderten sie Selbstbestimmung über Körper, Identität und Leben.

Zu der Demonstration hatten die Frauenplattform Dicle Amed (DAKAP) und das Netzwerk zur Bekämpfung von Gewalt aufgerufen. Der Protestzug führte vom Gebäude der Stadtverwaltung zum Şêx-Seîd-Platz im Stadtzentrum. Zahlreiche Aktivist:innen und Vertreter:innen politischer Parteien beteiligten sich.

Protest gegen staatliche Kontrolle über den weiblichen Körper

Während des Marsches trugen die Demonstratierenden Plakate mit Aufschriften wie „Feminizide sind politisch“, „Jin, Jiyan, Azadî“ („Frau, Leben, Freiheit“) und „Keine Männerjustiz, sondern echte Gerechtigkeit“. Die Demonstration stand im Zeichen der Kritik an staatlicher Einmischung in Entscheidungen über den weiblichen Körper – insbesondere in Bezug auf Geburten und die propagierte Rolle der Frau als Mutter.

Kritik an „Jahr der Familie“

Auf der Abschlusskundgebung verlas Arzu Koç, innenpolitische Sekretärin des Ortsverbands der Bildungsgewerkschaft Eğitim Sen, einen gemeinsamen Text der Veranstalter:innen. Das Papier kritisierte, dass das von der Regierung ausgerufene „Jahr der Familie 2025“ nicht als bloß symbolische Maßnahme, sondern als ideologisches Programm zu verstehen sei: „Dieses Konzept dient nicht der Unterstützung von Familien, sondern der Einschränkung weiblicher Selbstbestimmung. Die Frau wird auf Mutterrolle und Gehorsam reduziert. Geburten werden durch öffentliche Kampagnen politisch instrumentalisiert, während fundamentale Rechte wie Entscheidungsfreiheit über den eigenen Körper untergraben werden.“

Gewalt gegen Frauen: Staat schaut weg

Die Erklärung verurteilte insbesondere, dass Fußballspieler in Stadien mit Transparenten eine „normale Geburt“ propagieren und damit Frauen unter Druck setzten. „Das ist eine gezielte Grenzziehung – über unseren Körper, unsere Lebensentscheidungen.“ Mit normaler Geburt ist eine Vaginalgeburt gemeint. Das türkische Gesundheitsministerium betreibt schon länger eine Kampagne gegen Kaiserschnittgeburten.

Das Statement der Frauenorganisationen verwies zudem auf die steigende Zahl an Feminiziden, sexualisierter Gewalt und Belästigungen in der Türkei. Statt Maßnahmen zur Prävention zu ergreifen, würden Täter geschützt und Strafen zu milde ausfallen: „Der Staat fördert eine Kultur des Schweigens und des Wegschauens, während Frauen in allen Lebensbereichen Gewalt erfahren – zu Hause, auf der Arbeit, auf der Straße.“

Die Organisator:innen machten deutlich, dass sie sich nicht zum Schweigen bringen lassen. „Wir lassen es nicht zu, dass Mutterschaft glorifiziert und zugleich als Werkzeug zur Kontrolle genutzt wird. Frauen sind nicht dazu da zu gebären – sie haben das Recht zu leben, zu kämpfen und Gesellschaft zu gestalten.“

„Jin, Jiyan, Azadî“

Koç beendete die Erklärung mit einem klaren Bekenntnis zur Selbstbestimmung: „Unser Körper, unsere Identität, unser Leben gehören uns. Kein von oben verkündetes Jahr wird uns repräsentieren – schon gar nicht ohne unsere Zustimmung.“ Die Aktion endete mit den Rufen „Jin, Jiyan, Azadî“ und „Schluss mit Gewalt an Frauen“.