Verbot von Kaiserschnittgeburten in privaten Einrichtungen
Die Frauenplattform Dicle-Amed (DAKAP) hat eine am Wochenende bekannt gewordene Entscheidung des türkischen Gesundheitsministeriums, Kaiserschnittgeburten in privaten Kliniken einzuschränken, scharf kritisiert. Bei einem Pressegespräch, das in den Räumlichkeiten der Gewerkschaft für Beschäftigte im Gesundheits- und Sozialwesen (SES) in Amed (tr. Diyarbakır) stattfand, verurteilten die unter dem Dach von DAKAP organisierten Frauenorganisationen sowie politische Parteien und Aktivist:innen am Dienstag diese Maßnahme als Angriff auf die körperliche Selbstbestimmung von Frauen.
Unter dem Motto „Redet nicht darüber, wie wir gebären – redet darüber, wie wir überleben“ kamen zahlreiche Frauen zusammen, um ein Zeichen gegen die aktuelle Geburtenpolitik der Regierung zu setzen. Die Vorsitzende des Frauenvereins Rosa, Suzan Işbilen, betonte, dass die Politik der Regierungspartei AKP von Beginn an frauenfeindlich gewesen sei: „Sie wollen frei gewordene Frauen zurück ins Haus verbannen und ihre Körper kontrollieren – das müssen wir sichtbar machen.“
Die Frauenplattform Dicle-Amed
Kritik an „Familienjahr“ und pronataler Rhetorik
In einer gemeinsamen Erklärung, verlesen von SES-Sekretärin Ilknur Ayık, heißt es: „Die Regierung setzt ihre Angriffe auf die Rechte von Frauen fort – neben der Straflosigkeit für Feminizide nun auch mit familienpolitischen Maßnahmen, die Frauen aus dem öffentlichen Leben drängen.“ Die Erklärung verwies auf die von Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan angekündigte Initiative, das Jahr 2025 zum „Jahr der Familie“ zu erklären, und auf dessen Aussagen, wonach ein Rückgang der Geburtenrate eine Gefahr darstelle, die durch Förderung vaginaler Geburten bekämpft werden müsse.
„Die Kontrolle über den Körper der Frau, ihre Entscheidung über die Art der Geburt sowie staatliche Eingriffe in Fragen der Familienplanung stehen exemplarisch für eine autoritäre Geschlechterpolitik“, erklärte Ayık. Insbesondere die Darstellung der Frau ausschließlich als Mutter, Ehefrau und Familienmitglied, so Ayık weiter, sei Ausdruck eines patriarchalen Rollenverständnisses, das die Eigenständigkeit von Frauen leugne.
In Istanbul, Ankara, Izmir und weiteren Städten protestierten Frauenorganisationen am Montag gegen die Entscheidung des Gesundheitsministeriums, Kaiserschnittgeburten zu verbieten. Auf einigen Plakaten war zu lesen, dass „er“ – Recep Tayyip Erdoğan – nun auch Zwangsverwalter für Gebärmütter ernennen wolle © KCDP
Öffentliche Kampagnen und staatlicher Druck
Die DAKAP kritisierte zudem öffentliche Kampagnen, die eine „normale Geburt“ propagieren. Als Beispiel wurde ein Super-League-Spiel vor rund einer Woche genannt, bei dem die Spieler der Mannschaft Sivasspor mit einem Transparent auf den Platz kamen, auf dem „Das Natürliche ist eine normale Geburt“ stand. „Es gibt keine ‚normale‘ oder ‚unnormale‘ Geburt – jede Frau hat das Recht, über die für sie geeignete Form zu entscheiden“, betonte Ayık.
Die Plattform warnte davor, dass die staatliche Förderung vaginaler Geburten zur Folge haben könne, dass medizinisches Personal unter Druck gesetzt werde, bestimmte Geburtsarten zu bevorzugen – mit möglichen Risiken für Frauen. Zudem sei das Vorgehen der Regierung auch aus wirtschaftlicher Perspektive motiviert, da wiederholte Kaiserschnitte höhere Kosten verursachen würden.
Aufruf zum Widerstand
„Die Entscheidung über eine Geburt liegt allein bei der Frau und sollte unter medizinischen Gesichtspunkten getroffen werden – nicht aus ideologischen oder wirtschaftlichen Gründen“, so Ayık weiter. Die DAKAP ruft dazu auf, politische Einflussnahme auf die reproduktiven Rechte von Frauen zu beenden und warnt vor einem Rückfall in autoritäre Geschlechterverhältnisse.
Die Plattform bekräftigte auch ihren Einsatz für die körperliche Selbstbestimmung von Frauen und kündigte an, den feministischen Widerstand gegen staatliche Kontrolle zu intensivieren. „Wir akzeptieren keine Herrschaft über unsere Körper und werden unseren Kampf für die Freiheit der Frauen weiterführen“, erklärte Ayık abschließend.