SES Amed kritisiert Verbot von geplanten Kaiserschnitten

Die Amed-Sektion der Gesundheitsgewerkschaft SES will rechtlich gegen das Verbot von geplanten Kaiserschnitten vorgehen. Die Entscheidungshoheit über die Art der Geburt muss bei Frauen liegen, nicht bei der Regierung, sagt die Vorsitzende Yıldız Ok Orak.

Gesundheitsgewerkschaft kündigt rechtliche Schritte an

Der Ortsverband der Gewerkschaft der Beschäftigten im Gesundheits- und Sozialwesen der Türkei (SES) in Amed (tr. Diyarbakır) hat scharfe Kritik an der jüngsten Verordnung des türkischen Gesundheitsministeriums geübt, wonach geplante Kaiserschnittgeburten in privaten medizinischen Einrichtungen ohne OP-Saal verboten werden. Yıldız Ok Orak, Ko-Vorsitzende der örtlichen SES-Sektion, sieht darin den Versuch der Regierung, Kontrolle über den weiblichen Körper auszuüben, und kündigte rechtliche Schritte gegen die neue Regelung an.

Am 19. April wurde im Rahmen des Regierungsprogramms „Gesunde Türkei“ die aktualisierte Verordnung über private Gesundheitseinrichtungen im Amtsblatt veröffentlicht. Besonders umstritten ist der Absatz, der besagt: „In einem medizinischen Zentrum ohne OP-Saal darf keine Entbindungseinheit eingerichtet werden. Geplante Kaiserschnitte sind nicht erlaubt.“

Die Regelung stieß umgehend auf Widerstand von Frauen- und Gesundheitsorganisationen. Auch SES Amed meldete sich zu Wort. Yıldız Ok Orak erklärte, dass die Vorschrift nicht medizinisch begründet sei, sondern eine Fortsetzung patriarchaler Regierungspolitik darstelle: „Wir erleben beinahe täglich neue Versuche, den weiblichen Körper und das Leben von Frauen politisch zu kontrollieren. Dieses Verbot ist Ausdruck derselben Linie.“

Entscheidungshoheit muss bei Frauen liegen

Zwar betonte Ok Orak, dass eine vaginale Geburt medizinisch häufig vorzuziehen sei, betonte aber auch: „Über die Art der Geburt entscheidet in erster Linie die Frau – gemeinsam mit ihrer Hebamme oder ihrer Ärztin beziehungsweise ihrem Arzt. Es ist nicht Aufgabe eines Ministeriums oder der Regierung, diese Entscheidung pauschal per Gesetz zu treffen.“

Yıldız Ok Orak

Ok Oran erinnerte daran, dass werdende Mütter über Monate hinweg medizinisch betreut würden und bereits frühzeitig Hinweise darauf vorliegen, welche Geburtsform medizinisch geboten sei. „Das pauschale Verbot von Kaiserschnitten ignoriert diese individuelle Begutachtung und verletzt das Selbstbestimmungsrecht der Frau“, so Ok Orak weiter.

Ideologische Zielsetzungen statt medizinischer Fakten

Die Gewerkschaftsvertreterin warnte vor einer zunehmenden Instrumentalisierung des weiblichen Körpers durch staatliche Institutionen: „Die sinkende Geburtenrate wird von der Regierung als Problem dargestellt, und Frauen sollen per Gesetz zur vaginalen Geburt gedrängt werden. Doch die eigentlichen Gründe für den Geburtenrückgang liegen in der wirtschaftlichen Misere und den gestiegenen Lebenshaltungskosten – nicht in der Geburtsmethode.“

Besonders kritisch sieht SES den Versuch, Mutterschutz und Elternzeit politisch aufzuladen. „Wir begrüßen längere Elternzeiten, fordern sie seit Jahren – aber nicht, um Frauen in traditionelle Rollen zurückzudrängen, sondern um ihre Rechte zu stärken. Derzeit dient die Ausweitung der Mutterschutzregelung jedoch dazu, Mutterschaft zu glorifizieren und Frauen auf die Rolle der Hausfrau und Mutter zu reduzieren“, so Ok Orak.

Rechtliche Schritte angekündigt

Der Verband kündigte an, gemeinsam mit Frauenorganisationen gegen die Verordnung vorzugehen. „Wir werden rechtliche Schritte einleiten und in der Öffentlichkeit deutlich machen, dass dieses Gesetz nicht dem Schutz der Frau dient, sondern sie entmündigt. Wir rufen alle demokratischen Kräfte dazu auf, sich gegen diese rückschrittliche Politik zu stellen“, sagte Yıldız Ok Orak.