Anwälte von Öcalan stellen Besuchsantrag

Das Anwaltsteam von Abdullah Öcalan hat erneut einen Besuchsantrag bei der Staatsanwaltschaft in Bursa eingereicht. Inzwischen sind zwanzig Monate vergangen, seitdem der kurdische Vordenker von seinem Rechtsbeistand vollständig abgeschottet wird.

Die Rechtsanwälte Rezan Sarıca, Faik Özgür Erol, Cengiz Yürekli und Serbay Köklü haben bei der Staatsanwaltschaft Bursa einen Antrag für einen Besuch bei ihrem Mandanten Abdullah Öcalan auf der Gefängnisinsel Imrali gestellt. Seit zwanzig Monaten wird der kurdische Vordenker wieder vollständig von seinem Rechtsbeistand abgeschottet. Ihm wird ein Haftregime auferlegt, das auf körperliche und physische Vernichtung abzielt. Das letzte Mandantengespräch auf Imrali hat am 7. August 2019 stattgefunden – erstmals nach acht Jahren Kontaktsperre. Den letzten Angehörigenbesuch erhielt Öcalan am 3. März 2020. Danach wurde ihm nur zwei Mal telefonischer Kontakt mit seinen Verwandten gewährt. Auch seine drei Mitgefangenen Ömer Hayri Konar, Veysi Aktaş und Hamili Yıldırım werden von ihrer Außenwelt isoliert.

Anfang letzter Woche hatte sich der Rechtsbeistand von Öcalan an das für Imrali zuständige Vollstreckungsgericht gewandt, um einen Besuch auf der Insel zu erwirken. Bisher hat das Gericht nicht reagiert. Auch auf zuvor gestellte Dringlichkeitsanträge nach Gerüchten über sein angebliches Ableben erfolgte von Seiten der türkischen Behörden mit Verweis auf ein sechsmonatiges Besuchsverbot keine Reaktion. Die am 23. September 2020 durch das Vollzugsgericht Bursa verhängte Kontaktsperre war mit Disziplinarstrafen gegen die Imrali-Gefangenen in den Jahren 2005 bis 2009 und der 2009 von Abdullah Öcalan verfassten „Roadmap für Verhandlungen“, die dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) als Verteidigungsschrift vorgelegt wurde, begründet worden. Am 23. März lief das Verbot aus, dennoch werden Besuchsanträge nicht genehmigt. Entgegen der europäischen Rechtsprechung, den Forderungen des Antifolterkomitees (CPT) und einer Resolution der Parlamentarischen Versammlung des Europarats ist der türkische Staat nach wie vor nicht bereit, die Isolation auf Imrali aufzuheben.

Abdullah Öcalan führte von der Gründung der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) 1978 bis zu seiner völkerrechtswidrigen Verschleppung aus Kenias Hauptstadt Nairobi auf die türkische Gefängnisinsel Imrali am 15. Februar 1999 als Vorsitzender der PKK den kurdischen Befreiungskampf an. Er gilt nach wie vor als führender Stratege und wichtigster politischer Repräsentant der kurdischen Freiheitsbewegung. Seine in Isolationshaft verfassten Gefängnisschriften, in denen er den Paradigmenwechsel der PKK von einer nationalen Befreiungspartei hin zu einer radikaldemokratischen, multiethnischen und politisch offenen Basisbewegung für den gesamten Mittleren Osten anstieß und die politische Philosophie des Demokratischen Konföderalismus begründete, haben seit 1999 weltweit große Beachtung gefunden. Mehrfach initiierte Öcalan einseitige Waffenstillstände der Guerilla und lieferte konstruktive Vorschläge für eine demokratische und politische Lösung der kurdischen Frage. Der letzte Dialog staatlicher Stellen mit ihm wurde 2015 einseitig von der türkischen Regierung beendet. Am 4. April wurde Abdullah Öcalan 72 Jahre alt.