Aktion gegen „Verschwindenlassen“ in Stuttgart

In Stuttgart hat im Rahmen der internationalen Woche gegen das Verschwindenlassen in Haft eine Kundgebung stattgefunden. Die Aktivist*innen fordern die Aufklärung der in der Türkei und Kurdistan „Verschwundenen“ und die Verurteilung der Verantwortlichen.

Das internationale Komitee gegen Verschwindenlassen in Haft (ICAD – International Committee Against Disappearances) hatte zu einer Protestaktion in der Stuttgarter Innenstadt aufgerufen. An der Kundgebung nahmen Aktivist*innen von Yeni Kadın, ADHK, DIE LINKE, SKB, AGIF und Zusammen Kämpfen teil. Die Aktivist*innen trugen eine Erklärung vor, in der sie am Beispiel von Hasan Ocak Rechenschaft für die in der Türkei „Verschwundenen“ verlangten. Der Kommunist Hasan Ocak war am 21. März 1995 in Istanbul festgenommen und von der Polizei zu Tode gefoltert worden. Anschließend wurde er auf einem anonymen Friedhof begraben. Aufgrund des ausdauernden juristischen und politischen Kampfes der Angehörigen und seiner Genoss*innen wurde seine Leiche am 17. Mai 2020 nach fast 25 Jahren der Familie übergeben. Ocak wurde am 19. Mai unter der Beteiligung Tausender im alevitisch-geprägten Istanbuler Stadtteil Gazi beigesetzt. ICAD bezeichnete dies als Auftakt für eine Fortsetzung der Kampagne. Unter der Parole „Hoch die internationale Solidarität“ wurde die Verurteilung der Verantwortlichen und die Aufklärung des Schicksals der „Verschwundenen“ gefordert.

In den 90er Jahren „verschwanden“ in der Türkei Tausende Menschen in Haft oder wurden vom Geheimdienst verschleppt und ermordet. Ihre Leichen wurden verscharrt oder in Brunnen geworfen. Die Festnahme wurde von den Verantwortlichen dementiert. Auch heute herrscht ein Klima der Straflosigkeit der Täter, so dass Verschleppungen und Bedrohungen weiterhin zur Repertoire der Sicherheitskräfte gehören. Insbesondere seit 2016 hat auch die Anwendung von Folter wieder zugenommen. Die Angehörigen der Verschwundenen fordern Rechenschaft für die staatlichen Morde.