Die EU-Parlamentarier François Alfonsi (Greens/EFA), Andreas Schieder (S&D) und Nikolaj Villumsen (GUE/NGL) appellieren im Namen des Büros der Kurdischen Freundschaftsgruppe im Europaparlament an die irakische Regierung, ihr Abkommen mit der südkurdischen PDK über die Verwaltung der Region Şengal unter Einbeziehung des Şengal-Rats (MXDŞ) neu zu verhandeln. Die Freundschaftsgruppe kritisiert die PDK scharf und thematisiert die Verantwortung der südkurdischen Regierungspartei für die Ermöglichung des IS-Genozids 2014.
„Konflikt bedroht Region und Bevölkerung“
In dem offenen Brief an den irakischen Botschafter heißt es: „Wir beobachten die aktuellen Entwicklungen in der Sinjar-Region (Şengal) im Irak mit großer Sorge. Der sich abzeichnende Konflikt zwischen der irakischen Regierung und der ezidischen Bevölkerung bedroht die Stabilität der Region sowie das Wohlergehen der lokalen Bevölkerung. Die Ezid*innen haben ihr eigenes kulturelles, religiöses und historisches Erbe. Der Völkermord an ihnen im Jahr 2014 war, nach der ezidischen Geschichtsauffassung, der letzte von 74 Versuchen, das ezidische Volk auszulöschen.
„Notwendigkeit eines sicheren Ortes offensichtlich“
Nach diesem tragischen Ereignis ist die dringende Notwendigkeit eines sicheren Ortes für das ezidische Volk offensichtlich geworden. Die Ezid*innen schufen Selbstverwaltungsstrukturen in ihrer Region. Diese Strukturen sind (unter anderem) der Rat der demokratisch-autonomen Selbstverwaltung (MXDŞ), die ezidischen Sicherheitskräfte (Asayîşa Êzidxan), die Şengal-Widerstandseinheiten (YBŞ) und die Fraueneinheiten von Şengal (YJŞ).
„Abkommen vom 9. Oktober widerspricht Pluralität, Demokratie und Deeskalation“
Die Forderung der irakischen Regierung, die ezidischen Selbstverwaltungsstrukturen aufzulösen, widerspricht unserem Verständnis von Pluralität, Demokratie und Deeskalation. Sie basiert auf einem Abkommen zwischen der irakischen Regierung und der Regionalregierung Kurdistans (KRG), dem sogenannten Abkommen vom 9. Oktober.
„PDK keine Vertreterin der ezidischen Bevölkerung“
Die Demokratische Partei Kurdistans (PDK) trägt eine große Verantwortung für die Ereignisse von 2014. Sie wird von der ezidischen Bevölkerung nicht als ihre Vertreterin anerkannt. Die ezidische Bevölkerung wurde nicht in diese Verhandlungen einbezogen. Die irakische Regierung zeigt, dass sie es vorzieht, eine zentralisierte Kontrolle über das ezidische Bevölkerung auszuüben, anstatt ihre bestehende Autonomie in die Republik Irak aufzunehmen und zu formalisieren. Die Republik Irak ist ein föderal organisierter Staat. Als solcher bietet seine Verfassung die Möglichkeit, regionale Autonomie für die ezidische Bevölkerung zu schaffen, ähnlich der Autonomie in der kurdischen Region des Irak. Alternativ könnte die Region Sinjar in ein eigenes Gouvernement umgewandelt werden. Diese Möglichkeiten sollten geprüft werden.
„Neuverhandlung des Abkommens – Autonomie für Şengal“
Als Parlamentarier des Europäischen Parlaments,
-
warnen wir vor einer möglichen innerirakischen Konfrontation, die das Wohlergehen der Bevölkerung bedroht.
-
und fordern die Anerkennung der oben genannten bestehenden ezidischen Selbstverwaltungsstrukturen durch die irakische Regierung.
-
Wir unterstützen gegebenenfalls den Wiederaufbau der Region Sinjar mit EU-Mitteln.
-
Wir empfehlen das Abkommen vom 9. Oktober neu zu verhandeln und den MXDŞ in die Verhandlungen miteinzubeziehen. Darüber hinaus empfehlen wir die Aufnahme einer ezidischen Autonomie in den Rahmen eines föderalen Iraks.
-
Wir sind bereit, unseren Teil für eine friedliche Lösung dieser Spannungen beizutragen.“