Die Zahl der in Deutschland lebenden Geflüchteten mit unterschiedlichem Schutzstatus ist im ersten Halbjahr 2022 auf 2,9 Millionen gestiegen. Den Anstieg macht insbesondere die Aufnahme von 896.287 Schutzsuchenden aus der Ukraine zum Stichtag 30. Juni 2022 aus.
„Solidarische Aufnahmepolitik ist möglich“
Dies geht aus einer Kleinen Anfrage der fluchtpolitischen Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Clara-Anne Bünger, hervor. „Die Aufnahme von fast einer Million Menschen aus der Ukraine innerhalb kürzester Zeit macht deutlich, dass eine solidarische und unbürokratische Aufnahmepolitik möglich ist“, erklärt Bünger zur Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zur Zahl der in Deutschland lebenden Geflüchteten.
„Schluss mit der verpflichtenden Unterbringung in Erstaufnahmeeinrichtungen“
Bünger sieht darin ein beispielhaftes Vorgehen, das für andere Gruppen von Schutzsuchenden ebenfalls gelten müsse. Ausschlaggebend sei das unbürokratische Vorgehen jenseits von Aufnahmelagern und aufwändigen Asylprüfungen gewesen. So habe die Aufnahme nur gelingen können, „weil Geflüchtete aus der Ukraine nicht in die staatlichen Aufnahmelager und Asylstrukturen gezwungen wurden, die längst zusammengebrochen wären. Auf aufwändige Asylprüfungen wurde verzichtet, die Menschen konnten bei Verwandten oder hilfsbereiten Privatpersonen unterkommen, sie erhielten Zugang zu Sprachkursen, ungekürzte Sozialleistungen und durften sofort arbeiten. Das sollte Vorbild für eine menschliche Asylpolitik insgesamt sein. Vor allem mit der verpflichtenden Unterbringung von Asylsuchenden in großen Erstaufnahmeeinrichtungen muss Schluss sein. Das wäre ein Paradigmenwechsel, der diesen Namen verdient.“
Andere Schutzsuchende aus der Ukraine werden diskriminiert
Schutzsuchende Drittstaatsangehörige, die aus der Ukraine fliehen mussten, werden allerdings asylpolitisch diskriminiert. Während ukrainische Staatsangehörige unkompliziert einen Schutzstatus erhalten, gibt es bei den 22.457 aus der Ukraine geflohenen Drittstaatsangehörigen häufig noch gar keinen Aufenthaltstitel oder eine geringe Chance auf Anerkennung. So haben zum Beispiel 1.144 von 1.608 (71,1%) registrierten nigerianischen Geflüchteten aus der Ukraine weder einen Aufenthaltstitel nach §24 noch eine Fiktionsbescheinigung, das heißt, ihr Status ist noch völlig ungeklärt.
Bünger kommentiert: „Von der unkomplizierten Schutzerteilung können allerdings bisher nicht alle profitieren, die aus der Ukraine fliehen mussten. Vor allem Menschen aus afrikanischen Ländern wird ein sicherer Schutzstatus vielfach verweigert. Auch sie haben in der Ukraine alles verloren und brauchen Sicherheit und Unterstützung. Es geht um eine überschaubare Gruppe, der nun eine massive aufenthaltsrechtliche Verschlechterung droht. Für diese Menschen muss schnell eine Lösung gefunden werden!“